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Im Tempel zu Jerusalem waren es die Weisen des alten Gesetzes, hier sind es die der classischen Vorwelt. Wie aber die Juden schon im alten Testament die Messiasidee, so hatten jene gelehrten Heiden in Athen wenigstens „den Altar des unbekannten Gottes“, in dessen Errichtung eine dunkle Ahnung eines erst künftig zu verkündenden Gottes lag, vor dem alle andern verschwinden sollten. Dieses Altars gedenkt auch Pausanias, Attika I. 1. Philostratos im Leben des Apollonius VI. 2. Lukian, Philopatris 13. — Der Maler Lesueur malte die zweite unter den berühmten Predigten des Paulus, die zu Ephesus, die so gewaltig war, dass die Philosophen selber die Bücher ihrer falschen Weisheit herbeischleppten und verbrannten.

Das Gegenbild dazu ist die Predigt des Paulus und Barnabas zu Lystra und das Opfer, welches ihnen die Heiden daselbst bringen wollten, indem sie Götter in ihnen sahen und sie als Götter anbeteten. Hier ist der Unterschied des Christengottes von den Heidengöttern am schärfsten ausgedrückt. Diese Scene aber ist wieder ein Abbild der Versuchung Christi durch den Teufel in der Wüste. Der Teufel zeigt dem Heiland die Herrlichkeit der Welt, damit er durch sie geblendet werde, von Gott abzufallen, wie Lucifer. Die Heiden thun unbewusst und in gutem Willen, nur in ihrer alten Täuschung befangen, etwas Aehnliches, indem sie heidnische Ehren auf christliche Apostel häufen.

Unter den Leidensscenen, die der Apostel erlebte, steht oben an die Befreiung aus dem Kerker durch das Erdbeben, eines der erhabensten Wunder in der Apostelgeschichte. Die Tiefe der Erde selbst sträubt sich gleichsam, den Mann Gottes in ihre unterirdischen Kerker, in ihr finsteres Gestein aufzunehmen, ihn, der dem hohen Himmel angehört. Das Gegenbild dazu ist daher die Entzückung des Paulus bis in den dritten Himmel. Poussin hat diese Erhebung in den Himmel sehr schön und wundervoll in einem Gemälde dargestellt. Drei grosse Engel tragen den Heiligen wie im Sturm empor. Landon, annales II. 72.

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 204. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_204.jpg&oldid=- (Version vom 17.2.2023)