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Diesem letzteren blieb jedoch sein hoher Werth als Vorbereitungsstufe für das Christenthum und als Schutzwehr gegen die Gnosis, die als das andere Extrem des Judaismus von der Heidenseite her die christliche Lehre zu beirren drohte. Darum arbeiteten Paulus und Petrus, wenn auch in verschiedenen Richtungen, dennoch einmüthig und brüderlich an demselben heiligen Werke, und die Kirche hat ihr brüderliches Zusammenstehen zum Hauptsinnbild ihrer eignen Kraft und Einheit gemacht, worin zugleich die Weltstellung der christlichen Kirche zum Judenthum und Heidenthum ausgedrückt wird.

Nach altem, geheiligten Gebrauch der Kirche steht Paulus rechts und Petrus links, sogar auf dem Stuhl und Siegelring des Papstes. Molani, hist. imag. p. 304. Der Vorrang des Paulus wird ex immortalitate hergeleitet. Petrus diente dem noch im Leben wandelnden Christus, Paulus dem schon auferstandenen. Petrus fasste ihn mehr von seiner menschlichen, Paulus von seiner göttlichen Seite. Durandi, rationale VII. 44. 6.

Nach des Nicephorus Kirchengeschichte, Paris 1630, I. 2. 37, war Paulus klein, gebückt und kahl. Diese Schilderung (vielleicht hervorgegangen aus dem Bestreben, den Geist auf Kosten des Leibes zu preisen und den heidnischen Gelüsten nach Anbetung schöner Körper keine Nahrung mehr zu geben) entspricht dem nicht, was uns die Apostelgeschichte von dem ritterlichen Charakter des Apostels (schon als Saulus) meldet. Jedenfalls hat die kirchliche Kunst nur seine apostolischen Eigenschaften ausgedrückt, indem sie ihn gross, gerade und edel darstellte. Raphael in seinem berühmten Bilde stellt ihn dar, wie er zu Athen den Philosophen predigt, auf sich selbst stehend, fest wie eine Säule und strahlend von göttlicher Geisteskraft. Gewöhnlich geben die Künstler diesem Apostel eine dem Heiland nicht ganz ungleiche Kopfbildung, gescheiteltes und rollendes Haar, einen etwas längeren Bart und etwas ältere Züge. Seine Attribute sind ein Buch (das Wort Gottes) und ein Schwert. Das Schwert deutet auf sein Martyrium, sofern er enthauptet wurde, wird

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 201. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_201.jpg&oldid=- (Version vom 15.2.2023)