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das Kennzeichen eines aus dem gemeinen Kreise der Natur heraustretenden höheren Wesens. Daher nicht blos Judas Ischarioth, sondern auch der Teufel selber und der höllische Drache den Nimbus trägt. Didron, manuel p. 252. Demnach kommt hier auch allen Patriarchen und Propheten des alten Testamentes der Nimbus zu. Daselbst p. 133. Ganz anders die abendländische Kirche, die den Nimbus als Heiligenschein ausschliesslich auf die göttlichen Personen und auf die christlichen Heiligen einschränkt. Die griechische Kirche sucht indess den Unterschied durch die Farben auszudrücken. Judas z. B. hat einen schwarzen Nimbus. Didron, man. p. 234.

Der eigentliche Nimbus umkleidet nur das Haupt, die Gloria nennt man dagegen den Glanz, der die ganze Figur oder auch eine Gruppe von Figuren umgibt. Ist dieser Glanz mandelförmig, was der Länge der aufrecht stehenden Figur entspricht, so heisst er in Italien mandorla; in Deutschland, wo die Mandeln wenigstens ehemals seltner vorkamen, verglich man diese längliche, oben und unten zugespitzte Glorie lieber mit einem Fisch, dem Symbol Christi. Diese Form war besonders auf kirchlichen Sigillen beliebt. Die sogenannte aureola ist das Nämliche und hat diesen Namen nur von der Goldfarbe. Vgl. Didron, annales I. 6. 12. Ist die Fischform in der Mitte getheilt, so heisst sie Fischblase, weil der Fisch eine aus einem grössern und kleinern Theil zusammengesetzte Blase hat. Vgl. Kreuser, Kirchenbau I. 551. Diese Form erscheint unter mancherlei Abänderungen: 1) als eine Mandel, die so quer durchgeschnitten ist, dass der obere Theil um zwei Drittel grösser ist, als der untere; 2) als eine Fischblase, ganz in derselben Weise, nur dass beide Theile sich selbstständig abrunden und nicht mehr so fest aneinander hängen; 3) in der Form der Zahl 8, als zwei übereinandergeschobene Kreise. Diese Form kommt sehr oft auf altdeutschen Bildern des Weltgerichts vor, indem Christus den blauen Himmelskreis zur Lehne des Hauptes, den grünen Erdkreis aber zur Stütze der Füsse und beide zugleich doch auch zur Glorie hat.

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 159. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_159.jpg&oldid=- (Version vom 16.1.2023)