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im Spessart mit einer Michaelskapelle wallfahrtet das Volk und sieht daselbst Lichter vom Himmel herabsinken und Engel gehen. Von Herrlein, Sagen des Spessart S. 156.

Als Besieger des Teufels ist Michael unzähligemal gemalt worden; insgemein wie er ihn mit der Lanze durchstösst, mit dem Fuss auf ihn tritt oder ihn fesselt und in den Abgrund stürzt. Hohen Ruhm geniessen zwei Bilder dieser Art von Raphael in Paris. Auf dem einen tritt er dem Teufel auf den Hals, auf dem andern stösst er ihn mit der Lanze in den Abgrund. Waagen, Paris 435. 437. Kolloff 238. 242. Der Contrast der hässlichen Leidenschaft in des Teufels, und der himmlischen Ruhe in Michaels Gesicht ist hier hauptsächlich das poetische Motiv. Das erste Bild ist das schönste, die Bewegung blitzartig und höchst genial. Das zweite hat phantastisches Beiwerk, eine brennende Stadt, kleine Teufel, Verdammte, die Prozession der Bleimäntel aus Dante’s Hölle. An einem Michael, der den Drachen stürzt, von Bonifazio in Venedig, wird die reizende Mischung von Zartheit und Kraft in seiner Miene gerühmt. Kunstbl. 1835. S. 394. Das ist’s, was man von ihm auch verlangen muss; denn die Milde, wir möchten sagen das Kindliche der Engelsnatur muss immer im Hintergrunde liegen, und darf sich auch in der stärksten Aeusserung der Kraft und des gerechten Zornes nicht verleugnen. Das Kraftvolle, Martialische herrscht vor in den grossen Bildern des Engelsturzes von Rubens in München.

Ausserdem findet sich Michael auf allen Darstellungen des Weltgerichts. S. dieses. Besonders merkwürdig ist sein Bild im grossen Danziger Weltgericht. Er hält hier eine grosse Waage, und wägt einen Seligen gegen einen Verdammten ab. In seinen Flügeln sind lauter Pfauenfedern. Die Beschreibung bei Fiorillo II. 224. Mit goldnem Harnisch, Purpurmantel und grünen Flügeln erscheint er auch höchst phantastisch auf alten Miniaturen. Waagen, Paris 383.

Auf einem alten Bilde in Nördlingen wägt Michael ein Kind, das tief hinabsinkt, obgleich der Teufel auf der andern Seite einen schweren Mühlstein in die Waagschale legt.

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 130. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_130.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)