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dem heiligen Bernhard, Alanus a rupe und Anderen widerfahren, dürfte aus einer nur bildlichen Redeform erst in die wirkliche Bildnerei übertragen worden seyn und überschreitet in der sinnlichen Darstellung die Schranken des Schicklichen. In den Kreis unschicklicher Bezeichnungen gehören auch viele scholastische Spitzfindigkeiten, welche die Natur und namentlich die unbefleckte Empfängniss der heiligen Jungfrau betreffen und die bekanntlich im Jahrhundert der Aufklärung zum Gegenstand rohester Witzelei gemacht worden sind. – Von lieblicher Naivetät ist dagegen wieder die Legende, in der Maria als freundliche Wirthin erscheint . Zwei fromme Mönche verirrten sich auf der Wallfahrt nach Loretto zur heiligen Hütte der Gebenedeiten. Da im Walde fanden sie, ohne sie zu erkennen, dieselbe Hütte und wurden darin von der heiligen Jungfrau selbst, gleichfalls ohne sie zu kennen, freundlich bewirthet. P. Abraham, Judas IV. 121.

Eben so zahlreich sind die Bildwunder der Gnadenmutter. Hier nur einige der merkwürdigsten und seltensten. Als die Heiden einst am Berg Athos ein Fest feierten, schwamm ein Marienbild an’s Ufer. Da riefen alle heidnischen Götterbilder: „Die Mutter Gottes kommt, fallt vor ihr nieder!“ Und alle Götterbilder stürzten nieder und das Volk mit. Alle Heiden bekehrten sich, und der Berg wurde der heiligste in ganz Griechenland und ist es heute noch. Fallmerayer, Orient II. 18. Als die Heiden in Russland einfielen, trug der heilige Hyacinthus eine Statue der Gnadenmutter über das Wasser des Borysthenes trockenen Fusses (16. August). Einem frommen Landmädchen erschien einst die Gnadenmutter mit dem Kinde, wurde von ihm auf’s Liebreichste bedient und liess ihm zum Andenken ihr Bild in dem Wasser zurück, in dem sie das Kind gebadet. Immer schwebte das Bild auf dem Wasserspiegel, liess sich aber nie ergreifen. Dietrich, Braga VI. 1. Wetzel, Gedichte S. 101. In Turin verehrt man ein Marienbild, das von einem Blinden entdeckt wurde, während kein Sehender es gefunden hatte. Gumppenberg, marian. Atlas I. 120. Daselbst Nr. 259. wird ein

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 106. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_106.jpg&oldid=- (Version vom 29.11.2022)