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kleiner Kinderengel. London, annales V. 57. Dante in seinem Paradies 32. lässt sie mitten in einer grossen weissen Rose unter Engeln thronen. In Haupt und Schnellers wendischen Volksliedern I. 281. wird sie (nach einer volksthümlich naiven Vorstellung) von Engeln umtanzt und tanzt selber mit.

Um sie als Königin des geistigen Himmels (der Engel und Seligen) zu bezeichnen, gibt man ihr Attribute, die vom sichtbaren Himmel entlehnt sind. Dazu berechtigt die Stelle in der Offenbarung Johannis 12, 1, in welcher sie erscheint als ein Weib mit der Sonne bekleidet, den Mond unter ihren Füssen und auf ihrem Haupt eine Krone von zwölf Sternen. Der Sonnennimbus bildete sich erst in der Malerei des 16ten und 17ten Jahrhunderts zu der ovalen, die ganze Figur umschliessenden Flammenglorie aus, in der wir seitdem auf so unzähligen Bildern und Münzen die Gottesmutter erblicken. Der Mond zu ihren Füssen wurde schon von den deutschen Rittern, wie später wieder in den Türkenkriegen als Sinnbild des überwundenen Heidenthums aufgefasst, ganz so wie andrerseits die Schlange, der sie den Kopf zertritt. Daher ist es das Wappen und Kennzeichen des deutschen Ordens in Preussen und Lievland; das riesengrosse Wandbild zu Marienburg, dem Hauptsitz des deutschen Ordens, zeigt Maria auf dem halben Monde stehend. In Ungarn und Oesterreich wurde mit noch bestimmterer Beziehung auf den türkischen Halbmond die Gottesmutter (oder auch ein Kreuz) auf den Halbmond gepflanzt als Zeichen des Sieges über die Türken. – Zu den zwölf Sternen um’s Haupt fügten spätere Maler sehr oft einen dunkelblauen Mantel mit Sternen besät. Auf einem schon modernen Bilde zu Landshut trägt Maria ausser dem Sternennimbus noch einen Rosenkranz auf dem Haupt und einen Lilienstrauss in der Hand. Kunstbl. 1836, S. 15. In der Dominicanerkirche zu Breslau trägt sie ein grünes Gewand mit gelben Sternen und Aehren. Engel halten ihr das purpurne Obergewand und vor ihr blühen zwei Tulpen. Fiorillo I. 167. Das Bild, welches die Jahreszahl 1300 trägt, will offenbar die Gottesmutter als Königin des Himmels und

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 91. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_091.jpg&oldid=- (Version vom 19.11.2022)