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ist, als die gewöhnliche Pieta (der todte Christus auf dem Arme seiner Mutter).

Das passive und weibliche Element in Maria ist häufig verallgemeinert und überhaupt als das fünfte Element in der Natur aufgefasst worden, wobei auf ihren Namen (Mariamare, Meer) angespielt wurde. Christ. de Vega gab folgende mystische Deutung ihrer Geburt. Im Anfange schuf Gott Himmel und Erde, d. i. Joachim und Anna. Die Erde war wüst und leer, d. i. Anna unfruchtbar, und aus ihren Thränen entstand das Meer. Gott schwebte über dem Meer, da wurde Licht, d. i. Maria, Tochter des Meeres (Maria a mari). Vgl. Augusti, Denkw. III. 5. Die Stelle der Vulgata 1. Buch Mos. 1, 10: et congregationem aquarum vocavit Maria wurde in demselben Sinn genommen. Indessen ist es durchaus nicht nothwendig, eine Identificirung Maria’s mit dem Element des Wassers (in heidnischer Weise) vorauszusetzen, um ihre Beziehungen zum Meere als Stern des Meeres, als Schutzpatronin der Schiffer, als Trägerin des Schiffes der Kirche, als Mutter des Fischers (Christus) zu erklären. Diese Beziehungen sind sehr unschuldig.

Eben so wenig darf man irgend welche heidnische Natur- und Erdmutter herbeiziehen wollen, um aus ihr die Gnadenspenderin Maria herzuleiten, wenn sie gleich in vielen Legenden mit cerealischen Attributen geschmückt wird.

Ein wunderthätiges Marienbild soll der heilige Apostel Jakob mit nach Spanien gebracht und in einem Thurm zu Madrid verborgen haben. Hier fand man es erst wieder und zwar mit Korn umgeben, welches den ganzen Thurm ausfüllte, als die Christen in der Stadt von den Mauren belagert wurden und Hunger litten. Seitdem wird es als nuestra sennora de Almunada verehrt. Gräfin d’Aunoi, Reise II. 117. Aber dadurch wird Maria noch nicht zur Ceres. Albrecht Dürer hat Marien in einem Garten dargestellt, wo sie umgeben von der lieblichsten und reichsten Naturfülle erscheint. Fr. Schlegel, Werke VI. 104. Aber das macht sie so wenig wie Raphaels berühmte belle jardinière zu einer Flora oder

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 85. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_085.jpg&oldid=- (Version vom 19.11.2022)