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426 f. — Nonnen, die ihr Gelübde nicht gehalten, versetzte der Volksglaube zur Busse in den bleichen Mond und sah in den Mondflecken Magdalenens Thränen. Vgl. Mond.

Bis hieher haben wir in der Heiligen ausschliesslich eine Personification der Reue und Busse erkannt. Allein es knüpft sich an sie auch noch eine tiefere Symbolik an, die in der Geschichte Magdalenens von Clarus näher entwickelt, aber schon sehr alt und in der Kirche herkömmlich ist. Magdalena bedeutet nämlich das Heidenthum, wie ihre Schwester Martha das Judenthum im Verhältniss zum Christenthum. Clarus sagt S. 103: „Durch die Hinweisung auf die Allegorie soll nur die Uebereinstimmung der ältern Kirchenlehrer in Bezug auf die Identität der drei Marien noch näher, als bisher geschehen, dargelegt werden. Jene Lehrer geben zu erkennen, wie der Sohn Gottes, nachdem er den Rathschluss gefasst, in der Gestalt eines sündigen Menschen in der Welt zu erscheinen, ganz eigentlich gewollt, dass das mit ihm als Braut zu vereinigende Heidenthum durch Maria Magdalena dargestellt würde, welche aber mit der Sünderin und Maria von Bethanien eine und dieselbe Person ist. Diesen alten Lehrern zufolge war dieses von sieben bösen Geistern besessene und den Leidenschaften des Fleisches hingegebene Weib der Typus des Heidenthums, das, dem Cultus der Dämonen hingegeben, durch die ungeheuersten Abgöttereien besudelt war. Magdalena, die Sünderin in der Stadt, stellte die abgöttischen Verirrungen des Heidenthums in der grossen Stadt der Welt dar, welche mit kirchenschänderischen Tempeln und allen Arten von Verbrechen, die der Cult der falschen Götter hervorgerufen, angefüllt ist. Die verschiedenen Erzählungen der Salbungen bei den Evangelisten Matthäus, Marcus und Johannes, sowie die Gänge Magdalenens zum Grabe, sind diesen Lehrern zufolge eben so viele Züge derselben Allegorie. Die Uebereinstimmung der Väter in dieser Allegorie ist eine Bestätigung ihrer einhelligen Meinung über die Schuldbarkeit der heiligen Maria Magdalena. Schwerlich könnten alle diese Väter dieses Weib als das Abbild des dem ungeheuersten

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 64. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_064.jpg&oldid=- (Version vom 11.9.2022)