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genannt wird, mit Amor lange Gespräche hält, und dass auch andere antike Götter herbeigezogen werden, Neptun angerufen wird, keinen Sturm auf dem Meere zu erregen, so lange die Heilige darüber fährt, Thetis ihr die Wellen glätten muss etc. Indessen finden sich unter sehr vielen Künsteleien auch echt poetische Dichtungen. Schön ist z. B. S. 104 die Klage Magdalenens, indem sie der Wolke nachblickt, in der Christus gen Himmel gefahren. Unter den vielen Gedichten, die sie als eine zum Fels versteinerte Niobe und ihre Thränen in eine Quelle verwandelt bezeichnen, findet sich ein sehr schönes S. 228. Sie betrachtet im Spiegel einer Quelle den nächtlichen Sternenhimmel, hier unten scheint Alles so vergänglich, ein dahinrieselndes Gewässer, dort oben Alles so fest und ewig. Aber sie besinnt sich, auch die Sterne werden vergehen und nichts ist ewig, ausser Gott, der ganze Himmel, der sich in dem kleinen Wasser spiegelt, ist nicht mehr, als der Spiegel selbst.

Et vagus est fluctus, vaga sunt et sidera , numquam
Haerent perpetuo rivus et astra loco.

Gar lieblich ist auch das Gedicht S. 250. Eine Biene umschwärmt sie in ihrer Höhle, sie verjagt sie. Warum? ruft die Biene, ich will dich ja nicht stechen, dir nur Honig bringen. Ich weiss es wohl, antwortet Magdalena, aber eben deshalb entfliehe, denn ich verlange nichts Süsses, mir ziemt nur Bitteres.

In Wilh. Gerhards Uebersetzungen serbischer Volkslieder (Gedichte IV. 215.) kommt eine „flammende Maria“ vor. Das ist Magdalena, so genannt, weil ihr Jahrestag, der 22. Juli, gerade in die grösste Jahreshitze fällt.

Magdalena ist Patronin aller reuigen Sünderinnen, vorzüglich derer, die zu viel geliebt haben. Daher auch die bekehrten Freudenmädchen sich Magdalenetten nennen. Der Orden der Magdalenetten wurde im 13ten Jahrhundert gestiftet, es durften nur gefallene Mädchen eintreten. Bei der Aufnahme mussten sie wie todt daliegen und man hielt über ihnen die Exequien. Helyot, Kloster- und Ritterorden III.

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 63. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_063.jpg&oldid=- (Version vom 11.9.2022)