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bestand darin, dass sie keine andere Speise essen solle, als von Lindenblättern, keinen andern Trank trinken, als Thau von Lindenblättern, in keinem andern Bett schlafen, als auf Lindenwurzeln. Die gewöhnliche Legende beschuldigt Magdalena so grosser Frevel nicht, sondern nur, dass sie zu „viel geliebt“ habe. Ihr ganzes Wesen war Liebe, nur dass sich dieselbe zuerst als irdische Liebe zeigte, bis die himmlische in ihrem Herzen Platz gewann. Die Legende sagt aus, ihre Schwester Martha sey zuerst von Johannes dem Täufer bekehrt worden, Magdalena aber habe noch bei ihrer Weltlust verharrt, bis sie im Tempel von Jerusalem zum erstenmal den Heiland gesehen und von seinen Augen getroffen worden sey. Durch diesen einzigen Blick, heisst es weiter, wurde sie von allem Irrthum der sündigen Natur geheilt und widmete sich von nun an einzig dem Heilande. Ja sie übertraf, als eine höhere Natur, obgleich später bekehrt, sogleich an Heiligkeit ihre früher nur durch den rauhen Johannes bekehrte und von Natur niedriger stehende Schwester Martha. In der Bibel ist der Gegensatz zwischen den beiden Schwestern noch einfacher gefasst. Martha ist die gute, aber beschränkte Hausfrau, die, als Jesus Gast im Hause ist, auf’s Eifrigste in der Küche schafft, damit er das Beste zu essen bekomme, während Magdalena müssig bleibt und nur an den Lippen des Gastes hängt. Als Martha sie wegen dieses Müssiggehens tadelt, rechtfertigt sie der Heiland und spricht: „Sie hat das beste Theil erwählt.“ Luc. 10, 42.

Durchaus willkührlich ist die Annahme Späterer (vgl. Kosegarten, Legenden I. 131. Borberg, Apokryphen I. 585.). Darnach war Magdalena die Braut Johannes des Evangelisten und feierte die berühmte Hochzeit zu Cana, auf der Johannes durch das Wunder der Weinverwandlung bewogen wurde, die junge Braut zu verlassen und Christo nachzufolgen. Dadurch auf’s Höchste erbittert, soll die Verlassene sich Ausschweifungen ergeben haben, später aber durch Lazari Erweckung selbst bekehrt worden seyn.

Die spätere Legende vom Leben der Magdalena nach

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 58. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_058.jpg&oldid=- (Version vom 11.9.2022)