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Ave Maria zu lesen waren. Attribute der Heiligen S. 7. Salaür, ein Blödsinniger, lebte halbnackt im Walde und sprach nie ein Wort als Ave Maria. Seine Seele war so voll von Liebe zur heiligen Jungfrau, dass er sich voll Lust auf Baumzweigen wiegte und das Ave dazu sang. Aus seinem Grabe spross eine Lilie, auf deren Blättern stand Ave Maria. Kellers bretagn. Volkslieder S. 242. Clemence de Isaure von Toulouse gründete jeux floreaux, bei denen eine silberne Lilie zum Preis für das schönste Marienlied ausgesetzt wurde.

Besondere Berühmtheit als Mariensymbole erlangten die drei Lilien des heiligen Aegidius. Derselbe wird insonderheit verehrt in Frankreich, wo er St. Gilles heisst. Er lebte im 7ten Jahrhundert als Einsiedler und wurde im Walde von einer Hindin genährt, daher auch eine solche sein Attribut ist. Gewöhnlich malt man sie mit einem Pfeil im Leibe, weil sie so, von einem Jäger verfolgt, zu ihm floh und auf diese Weise seine Einsamkeit entdeckt wurde. Man rechnet ihn zu den vierzehn Nothhelfern und macht ihn zum Patron der ehelichen Fruchtbarkeit. Unter seinen Wundern ist das berühmteste das, wodurch er die Mütterlichkeit der heiligen Jungfrau erklärte. Er lebte eine Zeitlang als Gärtner, da kam ein Mönch zu ihm, der an der Möglichkeit zweifelte, dass die Jungfrau nach der Empfängniss habe Jungfrau bleiben können. Aegidius aber schrieb drei Fragen in den Sand, ob die heilige Jungfrau vor, in und nach der Empfängniss gleich jungfräulich geblieben sey? und jede Frage wurde entsprechend durch eine weisse Lilie beantwortet, die plötzlich aus dem dürren Sande wuchs. Smets hat diese Legende in seinen Gedichten S. 72 versificirt. Eine sehr schöne altgothische Kirche hat der Heilige zu Braunschweig. Im alten Rolandsliede, das Grimm herausgab, begleitet der heilige Aegidius Karl den Grossen und Roland in den Kampf in Spanien und verzeichnet nachher die Geschichte desselben (dasselbe, was nach der ältern Quelle Erzbischof Turpin thut). Auch hat man ein altdeutsches Gedicht aus dem 12ten Jahrhundert vom heiligen Aegidius, Archiv für westphäl.

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 32. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_032.jpg&oldid=- (Version vom 11.9.2022)