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CAMILLE PISSARRO, FRÜHLINGSLANDSCHAFT

der Zukunft. Courbet hatte gerade in dem Jahre, als Pissarro nach Paris kam, seine Ausstellung am Pont de l’Alma, wo der Realismus dekretiert wurde, während gleichzeitig in der Weltausstellung Millet mit seinem baumpfropfenden Bauer dank Théophile Gautier den ersten ernsthaften Erfolg davontrug. Alle drei wurden für Pissarro entscheidend. Vor allem Corot. Er hat Corot vierzig Jahre lang gesucht, und diese Sehnsucht hängt wie ein Schleier über seinem ganzen Werke. Sie mildert das Physiologische seiner Kunst, giebt seiner Robustheit grosse Reize, hindert ihn aber an den entscheidenden Thaten, die einem Monet gelangen. Er nahm nur eine Seite Corots, nicht die grösste, weder das van der Meer-hafte des grossen Interieurmalers, noch das, was der stille Träumer mit Millet gemein hatte, das Griechische, das selbst Millet nie so rein, so urnatürlich und urpoetisch herausbrachte und das von Poussin herkam. Dagegen fand Corots Liebe zur Natur in ihm treues Verständnis, und der Mangel an all dem tief verzweigten Traditionsbewusstsein des Nymphenmalers machte die Hingabe des Jüngers nur noch lebendiger. Seine ersten Werke im Salon, 1859 der Esel vor der Thür, 1861 der Wald von Montmorency, 1863 die refüsierte Seinelandschaft, die mit zwei Waldinterieurs den Salon der Refusierten schmückte, zeigen alle die nahe Beziehung zu Corot. Auch die Negerin aus dieser Zeit, die gegenwärtig in Berlin ist, gehört hierher. Noch stärker wird der Einfluss in den kleinen Bildern bei Faure u. a. und in den ersten Landschaften von Pontoise aus den sechziger Jahren. Es sind dieselben Töne, das warme Grau und das stille, ausgeblichene Gelb, es ist derselbe Duft um die Felsen und Baumgruppen, die manchmal Corotschen Bildern direkt entnommen scheinen,

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Julius Meier-Graefe: Camille Pissarro. Cassirer, Berlin 1904, Seite 5. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Camille_Pissarro_(Julius_Meier-Graefe).pdf/5&oldid=- (Version vom 31.7.2018)