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Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime

Wiedensahler Gegend ist die Geschichte jedermann bekannt. In Niedernwöhren (Nachbardorf von Wiedensahl) sagt man, daß die Alte am Büchenberge zwischen Wiedensahl und Loccum begraben sei; die Tatern hätten dabei gesprochen:

»Krûp unner, krûp unner! de welt is dî gramm!
Du kannst nich mêr wandern, du musst’r nu ran.«


50.

Graf Otto von Bückeburg saß einst gefangen in einem fernen Lande. Da gewann er des Schließers Tochter, daß sie ihm zur Freiheit verhülfe, und versprach ihr, sie zu heirathen, und nannte ihr sein Land und seinen Stand. Der Graf hatte aber schon daheim eine Frau, er verließ das Mädchen und vergaß sie, da er nun wieder in sein Land Bückeburg zurückkam. Da nahm das arme Mädchen ihre Zither und begab sich auf den weiten Weg und wanderte und schlug sich mühsam durch von Land zu Land, bis sie zuletzt an des Grafen Hof kam. Ihre Kleider waren zerrissen, daß sie aussah wie eine Bettlerin. Da sie nun vor dem Grafen zu der Zither das Lied sang:

»Ein Herz, das sich mit Sorgen quält,
Hat selten frohe Stunden...«

so erkannte er sie an dem Liede, fiel ihr um den Hals und küßte sie und erzählte seiner Gemahlin, was das Mädchen an ihm gethan und was er ihr versprochen hätte. Da ließ es die Gräfin geschehen, daß er das Mädchen zur Frau nahm, aber mit dem Beding, daß sie ihm an die linke Hand getraut würde.

Zu Stadthagen im Mausoleum der fürstlichen Familie ist der Graf mit seinen beiden Frauen abgebildet.

Von seinen Eltern wird Folgendes erzählt: Es gaben der Churfürst von Hannover und der Churfürst von Hessen einmal eine große Festlichkeit. Dazu war auch ein alter Prinz gekommen, der war noch unverheirathet, weil seine Einkünfte nicht ausreichten, eine Frau zu ernähren. Es war auch eine alte Prinzessin da, die wegen fehlender Geldmittel ebenfalls noch ledig war. Da wurden die beiden herangeholt und mußten zusammen tanzen, und weil das den alten Leutchen so wohl anstand, so hatten der Churfürst von Hannover und der von Hessen ihr Ergötzen daran, gingen zu den beiden hin und fragten, warum sie sich nicht verheirathen thäten? Sie sagten, daß sie das gerne thun würden, aber sie hätten so schon nur ein kümmerliches Auskommen, viel mehr, wenn sie eine Familie ernähren sollten. Da nahm der Churfürst von Hannover den Churfürsten von Hessen bei Seite und sprach: »Schwerenoth, Bruder, laß uns von unseren Ländern ein paar Ämter zusammenschmeissen, daß die beiden alten Leutchen ein Paar werden können. Kinder

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Wilhelm Busch: Ut ôler Welt. Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime. München: Lothar Joachim, 1910, Seite 140. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Busch_Ut_oler_Welt_140.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)