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bis zu den äußersten Grenzen aller schriftlichen Ueberlieferung hinaufführt, war nicht nur zu einem vollständigen, regelrechten System entwickelt, was mit dem Schreiben und der Schrift in näherem Zusammenhange steht; sondern auch der Begriff des Buches und die Bedeutung des schriftlichen Vermächtnisses findet sich in einer Weise ausgeprägt, welche uns mit hoher Achtung für die Ansichten und Lehren der ältesten Schreibmeister der Welt erfüllen muß. Auf der Schlußseite einer nur fragmentarisch vorhandenen Abhandlung des „ägyptischen Landvogtes Kakemni“, welche den Weisheitslehren Ptahhotep’s voranging und ähnlichen Inhaltes war,[WS 1] findet sich gegen Ende des Werkes folgende beachtungswerthe Stelle: „Alles was geschrieben steht in diesem Buche, befolge es, gleichwie ich es gesagt habe, denn es wird zum Vortheil und Nutzen gereichen. Man soll es bei sich tragen und man soll es lesen, gleichwie es geschrieben steht. Besser ist es für die Seele eines Menschen als alles andere, was im ganzen Lande ist.“[1]

In diesen Worten findet sich alles vereint, was über den Gebrauch der Schrift und das Verständniß des Lesens in so fern liegenden Zeiten Auskunft zu geben im Stande ist. Man schrieb, man trug das Geschriebene bei sich, um darin zu lesen und daraus Lehren und Nahrung für den Geist zu schöpfen. Die schriftliche Ueberlieferung war bereits in vollem Schwange. Außerdem zeigt die Art zu schreiben nicht nur eine hohe grammatische Ausbildung und Vollkommenheit, sondern mehr als das, stylistische Färbungen und Eigenthümlichkeiten, die bis in das Gebiet des Witzes und der Ironie streifen. „Jage keinem Menschen Furcht ein, denn Gott will solches nicht; – heißt es in den Lehren der Weisheit des Königssohnes Ptahhotep,[2] – „spricht Jemand vom Essen zum Leben, so hat er kein Brot für den Mund, spricht Jemand vom Reichthum und

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Anmerkungen

  1. [31] Seite 2 Zeile 4 ff. der vorhergenannten Publication.
  2. [31] Seite 6 Zeile 8 ff. ebendort.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. vgl. Lehre für Kagemni (Wikipedia)
Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Brugsch: Ueber Bildung und Entwicklung der Schrift. C. G. Lüderitz’sche Verlagsbuchhandlung, Berlin 1868, Seite 27. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Brugsch_Bildung_Entwicklung_Schrift_1868.pdf/29&oldid=- (Version vom 31.7.2018)