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Wilhelm Stieda (Hrsg.): Briefwechsel Hildebrand Veckinchusen

wollen und, falls dies nicht gelänge, ihm aus dem Lande zu helfen. „Dat he wolde Hildebrand behulpelich wesen to degedingen met zijnen schuldenars, mochte he sick met en voreffenen wol int goede; konde he niet, he wolde eme bystendich zijn ut den lande to komene“[1].

Auf diese Abmachungen gestützt und im vollen Vertrauen auf die Zuverlässigkeit des ihm seit geraumer Zeit bekannten Mannes kehrt Hildebrand nach Brügge zurück. Hoffnungsvoll schrieb er seiner Frau im November 1421, daß er auf einen guten Ausgang rechne, wenn er auch zur Zeit noch nichts mit Sicherheit melden könne: „dat stet noch al op ein pas … ick hebbe es 1 einde, God mote my das gunen unde men doyt my al umme nicht fel“[2]. Indes der nächste Brief, 6 Wochen später, vom 13. Dezember klingt weniger zuversichtlich. Er bittet seine Frau, sich in allem darnach zu richten, wie er ihr geschrieben, „wante ick kan dy noch nicht scryven, wan ick myn einde hir hebben kan“. Aber wenn er dann weiter Bestimmungen über seine Kinder trifft, der Frau ans Herz legt, sie ordentlich zu halten, „dat see doghet unde ere leren“, und ihr empfiehlt, sich mit allen Freunden gut zu stellen, so ruft das den Eindruck hervor, als ob er an dem guten Ausgang seiner Angelegenheit zu zweifeln begänne. „Ick moyt myne sake wysseliken beleyden met vrende rade; des mogte my de almechtige God gunen, dey moyte uns troes sin in allen unsen saken, amen.“[3] Dem gegenüber verlor Frau Margarethe zunächst den Mut nicht[4]. Allerdings ist auch sie weinerlich gestimmt, klagt darüber, daß die Freunde ihr nicht helfen wollen und sie sich kümmerlich durchschlagen müsse. In ihrer Herzensangst ruft sie die Hilfe des Herrn an, „de gekomen is to enem troste hemmel unde erden, de mote uns trosten, also syn ewighe wille is unde helpe uns all unses lidendes to enem saligen ende.“ Aber sie denkt doch so wenig auf einen ungünstigen Abschluß, daß sie den Gatten am Ende des Briefes um Zusendung von zwei Riechäpfeln (2 appel, dar men plecht to rukende) bittet und sogar einen Auftrag für Schotteler hat, indem sie von ihm Augenwasser wünscht. Der Zusatz „des behove ik wol“ läßt auf ihre Traurigkeit schließen, die sie zu vielen Tränen veranlaßt.

Es kam denn auch anders, als Hildebrand und seine Freunde beim Abschluß des Vertrages angenommen hatten. Die erwarteten Gelder trafen nicht ein. Die Abwicklung der Geschäfte ließ sich nicht in dem Maße bewerkstelligen, als es für die Bezahlung der Schulden erforderlich war — kurz, die Gläubiger entschlossen sich, den säumigen Zahler ins Gefängnis, den sogenannten Stein, setzen zu lassen. Dieses Schuldgefängnis bestand aus einem oberen Stockwerk und einer Dunkelkammer, deren besondere Bestimmung nicht ersichtlich ist. Das obere Stockwerk wies eine Reihe kleiner Gemächer (camerkins) auf, die nur durch einen Vorhang verschlossen waren, damit die Eingesperrten jederzeit ohne Zwang beaufsichtigt werden konnten. Hier befand sich auch eine Kapelle und vermutlich ein oder mehrere größere Räume. Der Gefangene konnte sich als Schlafraum entweder eins der Kämmerchen mieten gegen einen wöchentlichen Zins von 5 Groschen

  1. nr. 310, 311.
  2. nr. 303.
  3. nr. 306.
  4. nr. 312.
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: Briefwechsel Hildebrand Veckinchusen. Leipzig: S. Hirzel, 1921, Seite XXXVIII. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Briefwechsel_Hildebrand_Veckinchusen_XXXVIII.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)