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Wilhelm Stieda (Hrsg.): Briefwechsel Hildebrand Veckinchusen

geriet, das Vorgehen seines Wirts Jakob Schotteler gegen ihn als einen Rechtsbruch besonders schmerzlich. Klagen der Hanseaten über ihre „hostiliers“ gehörten übrigens nicht zu den Seltenheiten[1].

In den Gegenständen, mit denen Hildebrand Handel trieb, offenbart er eine große Mannigfaltigkeit. Er ist durchaus nicht ein moderner Spezialist, der sich darauf beschränkt einige Artikel zu führen, über deren Herkunftsbedingungen und Absatzmöglichkeiten er sich vorher genau unterrichtet hat, und bei denen er dann den Markt mit vollkommener Sicherheit beherrscht. Vielmehr treibt er mit den verschiedensten Gegenständen Kaufmannschaft und spekuliert dabei. Er weiß wohl ungefähr, wo er den Absatz suchen soll, aber er täuscht sich mitunter in der Beurteilung der Chancen. Er muß die Ware hin und her schicken, auf diese oder jene Messen, an diesen oder jenen Ort, weil er sie nicht seinen Hoffnungen gemäß rasch an den Mann hat bringen können. Der Verkauf erfolgt dabei ebenso oft an Wiederverkäufer als an Privatkunden, Handwerker, die Rohstoffe verarbeiten, einzelne Frauen, die Seide erstehen oder zu direktem Konsum wie bei den Feigen.

Nahrungsmittel und Kleiderstoffe, feine Gewürze und Seife, Getreide und Haushaltungsgegenstände scheinen ihm zu dem Versuche geeignet, ob sich beim Einkauf und Verkauf ein Gewinn erzielen ließe. Butter und Wachs, Salz und Feigen, Mandeln, Rosinen, Haselnüsse, Muskatblüte, Ingwer, Pfeffer einerseits, Pelzwerk und Tuche, Seide und Kupfer, Roggen und Stockfisch, Eisen und Blei, Paternosterkränze und Korallen anderseits sind häufig genannte Waren. Sie kommen ihm teils zu Wasser, teils zu Lande zu. Meist ist das Schiff das Fahrzeug, dessen man sich zur Beförderung bedient. Aus vielen Briefen leuchtet die Besorgnis hervor, daß das Schiff unterwegs einem Unfall unterworfen sein könnte. Gott gebe gute Reise, ist ein frommer, häufig, wenn nicht immer wiederkehrender Wunsch. Nachrichten, daß ein Schiffer unterwegs geblieben, werden immer mit den Worten begleitet: „dem Gott gnädig sei“ und mit unverhohlener Teilnahme über vorgekommene Unfälle berichtet. Die Verteilung des Risikos, indem eine an einen Ort bestimmte Ladung nicht einem einzigen Schiffe anvertraut wird sondern auf mehreren Schiffen verstaut wird, tritt häufig entgegen.

In den ersten Jahren des Beginns seiner Geschäfte dürfte Hildebrand zu Klagen keine Veranlassung gehabt haben. Der Handel entwickelte sich zu seiner Zufriedenheit und wenn auch nicht gerade alle Tage umfangreiche Warensendungen eintrafen oder abgingen, so verzeichnen die Handelsbücher doch beständig recht ansehnliche Posten und in den Briefen treten imponierende Umsätze entgegen. Zu Jahresbeträgen die vorhandenen Ziffern zusammenzählen zu wollen, wäre ein vergebliches und fruchtloses Bemühen. Soviel man durch Vergleich der Briefe mit den Handelsbüchern ermitteln kann, sind nicht alle Sendungen eingetragen und bei den verzeichneten fehlt nur zu oft die Wertangabe und das Datum.

Durch seinen Warenhandel ziehen sich die Wechselgeschäfte. Mehrfach ist er in der Lage Wechsel bezahlen zu müssen, die Mitglieder der verschiedenen Handelsgesellschaften, denen er angehörte, auf ihn gekauft haben.

  1. H. R. I Abt. 2 nr. 343 § 45; 344 § 38; 345 § 33.
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: Briefwechsel Hildebrand Veckinchusen. Leipzig: S. Hirzel, 1921, Seite XXVIII. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Briefwechsel_Hildebrand_Veckinchusen_XXVIII.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)