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Wilhelm Stieda (Hrsg.): Briefwechsel Hildebrand Veckinchusen

[1] Philipp Sporenmaker auf den 10ten Pfennig gestellt wird, so bleibt es zweifelhaft, ob hiermit ein Sender-Verhältnis oder eine zur Beseitigung des mangelnden Interesses eingeführte Tantieme gemeint ist. Bisweilen wurden die Gehilfen in festes Engagement genommen, wobei alsdann der Gehalt teils in barem Gelde, teils in Kleidungsstücken ausbedungen wurde. Die Beköstigung verstand sich von selbst. Die Gehilfen ihrerseits mußten einen oder zwei Bürgen stellen, entweder als allgemeine Gewähr für ihre Rechtschaffenheit oder weil ihnen größere Geldbeträge durch die Finger liefen. So nimmt Hildebrand 1403 einen jungen Mann aus Kampen in seinen Dienst gegen einen Lohn von 16 Schillingen und zwei Anzüge jährlich[2]. Um Johannis 1404 macht er sich sogar einen Gehilfen gegen 12 Schillinge und zwei Kleider pflichtig. In einem dritten Falle bewilligte er im Jahre 1409 ebenfalls nur 12 Schillinge und nur einen Anzug im Jahr, dessen Wert von vornherein auf 15 Schillinge festgesetzt wird[2]. Selbst bei der Annahme, daß das Geld vor 500 Jahren eine ganz andere Kaufkraft hatte als heute, erscheinen solche Lohnsätze doch als sehr geringe[3].

Eine bedeutende Rolle spielen in dem kaufmännischen Leben jener Tage und also auch bei Hildebrand Veckinchusen die Makler. Wiederholt werden Ausgaben für Maklergebühren erwähnt und in seinen Handelsbüchern sind ganze Abschnitte den Abrechnungen mit diesen Persönlichkeiten gewidmet. Wie man aus den Bürgersprachen und Kaufmannsordnungen Lübecks und anderer Städte weiß[4], waren die Makler obrigkeitlich verordnete Vermittler in Handelsgeschäften, die sich den angereisten fremden Kaufleuten zur Verfügung hielten, ja von diesen beim Abschluß ihrer Geschäfte nicht umgangen werden durften. Ursprünglich waren die Fremden, die sogenannten Gäste, überall gewissen Beschränkungen ausgesetzt, durften nicht unter sich handeln, nur en gros verkaufen, erst nach den Bürgern einkaufen, kurz, waren mancherlei Beschränkungen ausgesetzt. Außerdem durften sie nur bei bestimmten vertrauenswürdigen Persönlichkeiten Herberge gewinnen, die ihrerseits nicht jeden angekommenen Kaufmann aufzunehmen verpflichtet waren, „also dat de werd des gastes nicht unghelde“. Für den einmal in ihre Räume Einquartierten übernahmen die Gastwirte dann eine gewisse Garantie. Diese Männer, bei denen die Fremden Zuflucht fanden, wurden mit der Zeit Gastwirte oder waren es vielleicht von vornherein neben ihrer Maklerei. Viel mit Auswärtigen in Berührung, sind sie es, die fremde Sprachen beherrschen, die als Dolmetscher dienen. So werden sie als Vermittler der Ankömmlinge bei der sprachlichen Verständigung gleichzeitig die Vermittler beim Abschluß von Handelsgeschäften. Aus einer doppelten Wurzel offenbar, der Beherbergung und dem Dolmetschertum, hat sich die Maklerei entwickelt, die in Brügge in besonderer Blüte stand. Das Verhältnis zwischen Gastwirten und Gast beruhte auf besonderem Vertrauen, und eben deshalb empfand Hildebrand, als er später in Not

  1. nr. 227.
  2. a b Nach einem seiner Handelsbücher.
  3. K. Fr. Breug, D. Handlungsgehilfen d. hans. Kaufmanns 1707.
  4. Richard Ehrenberg, Hosteliers und Makler, in Ztschr. f. Hndlsr. 30 S. 408 ff. — Friedr. Techen, Die Bürgersprachen der Stadt Wismar, 1906 S. 180 ffg.
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: Briefwechsel Hildebrand Veckinchusen. Leipzig: S. Hirzel, 1921, Seite XXVII. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Briefwechsel_Hildebrand_Veckinchusen_XXVII.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)