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Wilhelm Stieda (Hrsg.): Briefwechsel Hildebrand Veckinchusen

Weittragende Geschäfte von der Art, wie sie aus den Briefen erhellen, wurden gewiß leichter erledigt, wenn Bande des Bluts die Teilnehmer zusammenhielten, als wenn Fremde zusammentraten. Sivert war übrigens ebenfalls viel unterwegs, längere Zeit infolge der politischen Verhältnisse aus Lübeck abwesend, so daß mithin die wechselnden Konjunkturen bald den einen, bald den anderen Bruder in die Fremde geführt haben werden. Von 1398 an bis 1416 läßt sich Hildebrand beständig in Brügge nachweisen. Dann lautet einmal die Adresse auf Lübeck, aber der Briefschreiber setzt vorsichtig hinzu: „off wor he is“, also dürfte hier ein Irrtum des Briefschreibers angenommen werden, denn die folgenden Briefe mit Ausnahme wieder eines Schreibens von Gerwin Marschede, der „Brügge oder Lübeck“ adressiert, das ganze Jahr 1417 hindurch lauten auf Brügge. Erst ein Brief vom Ende des Jahres[1], von seinen Freunden in Brügge selbst versandt, die darüber unterrichtet sein mußten, daß er nicht in Brügge war, nimmt an, daß er zeitweilig in Lübeck sich aufhielte. Aber schon der April 1418 sieht ihn wieder in Brügge, und wenn sein Bruder Sivert im Juni des Jahres es zweifelhaft läßt, wo er seinen Bruder zu suchen hat, ob in Lübeck oder in Brügge[2], so weiß ein Lübecker Angestellter oder Freund es besser und schickt im Juli 1418 einen Brief nach Brügge[3]. Dann aber muß er einige Monate in Lübeck bei den Seinigen Aufenthalt genommen haben, denn bis zum Mai 1419 erreichen ihn seine Briefe unter der Lübecker Adresse. Vom Mai 1419 ist er also wieder in Brügge, während sein Bruder ihn im Juni noch in Lübeck wähnt[4]. Indes nur kurze Zeit hält es ihn in Brügge fest. Im September 1419 rechnet er mit zweien seiner Geschäftsfreunde in Lübeck ab[5], das er jedoch im Oktober oder November wieder verlassen hat. Dann ist er ununterbrochen in Brügge geblieben, wo ihn sein Schicksal ja auch ereilte. Wenn zwei Rigenser 1420 ihn in Lübeck glauben[6], so dürfte darin ein bei den wechselnden Verhältnissen begreiflicher Irrtum zutage treten. Dagegen konnte Jan Ostermann, als er aus Brügge am 23. Juni 1421 an Hildebrand schrieb, wohl wissen, wo er sein mußte oder wohin er sich begeben hatte. Man erwartete ihn in Lübeck noch nicht[7], wie das Schreiben des Ludeke Stenhorst erkennen läßt. Er ist dann im Laufe des Jahres 1421 in Lübeck wie in Köln vermutlich vorübergehend gewesen, etwa um seine geschäftliche Lage zu besprechen oder Wege zu ihrer Verbesserung ausfindig zu machen, bis er dann wieder am 1. November von Brügge aus an seine Frau in Lübeck schreibt[8]. In Brügge hat er wohl die längste Zeit seines Lebens zugebracht und dort war es, wo ihn das tragische Geschick ereilte, wegen Schulden ins Gefängnis wandern zu müssen, aus dem er erst 1426 befreit worden ist. Ein Brief des Neffen Kornelius aus Köln vom 16. Juli 1426 weiß ihn in Lübeck[9].

Hildebrand Veckinchusen zeigt hiernach den deutschen Kaufmann in Brügge in etwas anderer Beleuchtung, als die bisherige Forschung ihn aufwies. Nach der Auffassung von Sartorius war Brügge gewissermaßen die

  1. nr. 178.
  2. nr. 183, 184.
  3. nr. 185.
  4. nr. 213.
  5. nr. 219.
  6. nr. 247.
  7. nr. 275.
  8. nr. 303.
  9. nr. 413.
Empfohlene Zitierweise:
: Briefwechsel Hildebrand Veckinchusen. Leipzig: S. Hirzel, 1921, Seite 43. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Briefwechsel_Hildebrand_Veckinchusen_XXIV.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)