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Wilhelm Stieda (Hrsg.): Briefwechsel Hildebrand Veckinchusen

und so viel warf die Unternehmung ab, daß einer aus dieser Kompagnie kurze Zeit darauf drei Salzpfannen für einen Betrag von 1200 Mark Lüb. verkaufte[1].

Es bleibe dahingestellt, ob alle vier Kaufleute zu gleichen Teilen an der Ausbeutung der Saline interessiert waren. Immerhin ist das materielle Wohlergehen unseres Kaufmannes nicht in Zweifel zu ziehen.

In anderer Beziehung ging es ihm allmählich nicht mehr nach Wunsch. Allerdings hatte er die Freude, eine seiner Töchter verheiraten zu können, aber das kommende Alter machte ihm zu schaffen. Ein Augenleiden ergreift ihn, und so lang und ausführlich seine Briefe früher ausgefallen waren, jetzt schrumpfen sie mehr und mehr zu kleinen Zetteln zusammen, die nur das Notwendigste enthalten. Im April 1421 schildert er dem Bruder ein Leiden, das ihn befallen hat und neben einem Ausschlage (schorv) in Anschwellung der Drüsen bestand. Die ihn behandelnden Chirurgen waren sich in der Behandlung nicht einig. Der eine wollte die Drüse ausschneiden, der andere die Geschwulst zu vertreiben versuchen. Sivert selbst glaubte durch Benutzung eines Balsamtuches sich helfen zu können, um dessen Überlassung er den Bruder bat[2]. Im November 1422 fällt er einer schweren Krankheit zum Opfer, von der er sich nur langsam erholt. Nach einem Jahre klagt er, daß die Augen und sein Körper noch immer nicht gesund seien. „Ic hebbe ju vor desser tyt vele screven myn ogen unde al myn lyf es cranc unde kan nicht vele mer nuotte werden in desser werlt[3]. Myn lyf es nicht stark“, schreibt er am 26. Mai 1424 dem Bruder Hildebrand, „unde wan ic 3 dage stark sy, so moet ic 8 dage inne sytten unde ic vruochte dat welle nicht lange met my waren[2].“

Indes braucht man vielleicht diese Beteuerungen nicht so tragisch zu nehmen. Es lag in seinem Interesse, sich elender und schwächer hinzustellen als er tatsächlich war, um dem Bruder, der ihn wiederholt fast leidenschaftlich um Hülfe in seinen Angelegenheiten anging, ausweichen zu können. Denn in demselben Jahre, in dem er seine körperliche Schwäche beklagt, unternahm er das weitausschauende Geschäft mit den Rosenkränzen, und wenige Jahre später fühlte er sich kräftig genug, um auch noch die Bewirtschaftung des Salzwerks in Oldesloe mit zu überwachen. So lag der Gedanke an das Jenseits ihm vielleicht weniger nahe, als er dem Bruder glauben machen wollte. Erst 1430 oder 1431 hat er das Zeitliche gesegnet, nachdem ihm sein Bruder Hildebrand in die Ewigkeit vorausgegangen war.

Über das Verhältnis der beiden Brüder zueinander und über sein tatsächliches Unvermögen, dem in Bedrängnis geratenen Bruder Hildebrand helfen zu können, ist es selbst bei den ausführlichen Briefen unmöglich, ins klare zu kommen. Hildebrand hat stets an der Auffassung festgehalten, daß Sivert helfen konnte, aber nicht wollte, und diesem Gedanken mehrfach unverhohlen Ausdruck verliehen in den Briefen an seine Frau, in denen er sich wohl auch am rücksichtslosesten und unbefangensten gegeben haben dürfte. Mit am schärfsten ist der Brief vom 1. September 1420 gehalten,

  1. U. B. d. St. Lübeck 7 nr. 410, 450, 650, 741.
  2. a b nr. 377.
  3. nr. 363.
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: Briefwechsel Hildebrand Veckinchusen. Leipzig: S. Hirzel, 1921, Seite LIV. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Briefwechsel_Hildebrand_Veckinchusen_LIV.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)