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alte Leute gedencken können / daß auffm Rodenberge vor Osteroda / welcher vielleicht auch dahero den Nahmen bekommen / daß er außgerohdet / vnd zum Acker gemachet / Buschwerck vnd Holtzung gestanden / so von den Alten außgerohdet. Es hat sich auch solch Buschwerck vermuhtlich biß an Dorste vnd Catlenburg erstrecket / wie solches der Nahme Mettlingeroda / welches Dorff zwischen Dorste vnd Osteroda gelegen / vnd vor etwa anderthalb hundert Jahren zerstöret worden / daß also dann von jetzund mehr nicht / dann die verfallene Kirchmauren zu sehen / mit sich bringet.

Hätte also Osteroda die erste Syllaben Bruns verlohren / vnd letzte Syllaben Rohde behalten / vnd wäre auß beeden Worten / Osten vnd Rohda / zusammen gesetzet / dann was disseit der Weser / vnd sonderlich zwischen dem Hartz vnd der Weser gelegen ist / Osten / vnd die Sachsen / so von der Weser gegen Auffgang der Sonnen gewohnet / sind Ostvalen genennet worden / nach welcher Meynung auch Osterwieck den Nahmen bekommen / Crantz. in Saxon. lib. 2. c. 2.

Die Statt Osteroda hat gegen Morgen den Hartz / die Graffschafften Lutterberg vnd Reinstein / gegen Mittag das Eichsfeld / gegen Abend die Statt Eimbeck / die Leine vnd den Weserstrom / vnd gegen Mitternacht die Statt Goßlar / vnd das Fürstenthumb Braunschweig / Ist mit den Stätten Göttingen / Eimbeck / vnd Goßlar / deren jede 4. Meile von Osteroda gelegen / bezircket / vnd denselben gleichsam das centrum oder Mittelpunct.

Gegen Abend hat die Statt Osteroda die Kalckberge / welche einen Alabasterstein / vnd auß denselben einen herrlichen Gips oder Kalck geben.

Die Bergwercke seynd für die Thür / darunter die Eisenbergwercke am nechsten.

Vnd ob wol die Statt allernechst am Hartz gelegen / so hat sie dennoch nach der Mittagsseiten einen herrlichen Ackerbaw / wird auch von den benachbarten Orten Korn vnd Getreydig häuffig herein geführet / vnd verkaufft / vnd ist Osteroda gleichsam ein Kornhauß deß Hartzes / oder der Bergstätte / dahin das Korn täglich durch die Hartzweiber getragen wird.

Die Statt hat 4. Thoren / als S. Marien / Johannis / Jacobs / vnd der Newstätter Thor / nach denen daran belegenen Vorstätten der Kirchen S. Jacobi vnd der Newstatt also genennet.

In der nähe entspringen die namhafften Flüsse / als die Innerste / Ocker / Ruhma vnd Söese / etc.

Die Söse fleusset an der Statt her / gibt Forellen / Grundlinge / Schmerlinge / Ellerlinge / vnd andere gesunde Fische in der menge.

Durch die Statt wird ein Bach / der Apenke genant / geführet / welcher die Gassen der Statt sauber vnd rein hält.

Es sind in der Statt zwo Pfarrkirchen / eine zu S. Aegidii, welche / wie schon droben gemeldet / von dem heiligen Bonifacio den Anfang genommen. In dieser Kirche ligen die Hertzogen zu Braunschweig / Grubenhagischer Linie / begraben. Die andere in die Ehre Vnser Lieben Frawen / vnd S. Jacobi gebawet / ist vor Zeiten ein NonnenCloster / Cistercienser Ordens gewesen.

Sonsten haben auch die beyde nechst angelegene Vorstätte ihre besondere Kirchen / davon die Vorstätte den Nahmen haben.

Anno 1328. hat der Pabst durch den Ertzbischoffen zu Zweybrücken / Bartholomaeum, denen jenigen / so diese Kirche zu S. Marien besuchen würden / grosse Indulgentien vnd Ablaß ertheilet.

Bey der Kirch zu S. Johannis, ist ein weitbegriffener Gottesacker / wohin die Einwohnere der Statt vnd Eingepfarrten begraben werden.

Die Newstatt ist Anno 1238. gebawet / vnd seynd derselben von Hertzog Otten / zugenant dem Kinde / welcher drey Jahr zuvor den Titul eines Hertzogen zu Braunschweig vnd Lüneburg bekommen / die Jura civitatis, gleich der Alten Statt / conferiret worden.

Hochgedachtes Hertzogen Vorfahren / die Hertzogen zu Sachsen / seynd dieser Statt Osteroda rechte Erbherren gewesen / massen dann die Statt von Hertzog

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Matthäus Merian: Topographia Braunschweig Lüneburg. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1654/1658, Seite 166. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Braunschweig_L%C3%BCneburg_(Merian)_260.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)