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Heerhausen.

Heerhausen ist den Herren Hertzogen von Braunschweig Lüneburg Wolfenbüttelschen Theils / mit Adelichen Rittermässigen Roßdienstsleistung verwant / auch sonst mit andern Adelichen Privilegiis nohttürfftig versehen / liget vnterm Hartze / ins Südwesten / in lustiger gegend / eine gute Meil weges von der berühmten Bergstatt Wildeman: Hat guten Ackerbaw / Wiesenwachs / vnd ansehentliche Weide von allerhand Viehe. Dieser Ansitz ist von einem / Nahmens Henin Honrode / zu Hertzogen Heinrichen deß Jüngern Regierungszeiten / bey dessen Fürstl. Gn. er in vornehmen Diensten gewesen / darin auch bey dero Verfolg- vnd Vertreibung deß Landes beständig verharret / erbawet / vnd Adelich Erbfrey besessen / ist aber derselbe zu anfang deß Kriegesunwesens / Anno 1626. da der König in Dennemarck / vnd General Tilly / eben allhie die erste Batalli gegen einander formiret / vnd das Gefechte scharff angetretten / der König aber in der Nacht biß Lutter an Backenberge / sich in höchster stille zurück gezogen / neben der Kirchen ruiniret / vnd folgende Jahr ferner gantz zu grunde gerichtet worden.

Nach deme aber selbiges Gut voriges Jahres / vnd zwar in Anno 1625. der Obriste Johann Koch erblich an sich erkaufft / folgends mit Fürstl. Privilegiis, vnd anderen Lehen vnd Erbstücken verbessert / hat es derselbe in diesen vergangenen Kriegeszeiten / mit grossen Costen in jetzigen zimlichen ansehentlichen Stande gebracht / auch die Kirche auß dem Fundament auff seinen Kosten gantz new vnd thaurhafft auffgeführet.

Es sind bey diesem Sitze vnterschiedene zimlich eingerichtete Gärten / darin neben etzlichen Lust- vnd Küchenstücken / über tausent allerhand Obsbäume verhanden / springet auch darin eine schöne namhaffte Quelle / die Nette genant / treibet ohngefehr ein Büchsenschuß davon einen Mahl- vnd Oligang / vnd wird endlich vff zwey Meil weges so groß / daß sie eine Mahlmühle mit sechs vnd mehr Mahlgängen treiben kan. Es ist dieser Ort auch mit allerhand Fischen / vnd sonderlich Forellen / wol begabet. Sonst will man dafür halten / es hätten vor Alters die Tempelherren diesen vnd benachbarte Oerter inngehabt / wie dann auch eine grosse menge Schlacken allhie verhanden / darauß abzunehmen / daß ein starckes Schmeltz- vnd Hüttenwerck hie in der nähe getrieben / vnd verhanden gewesen.


Heimburg.

Ist ein sehr altes vnd vestes Bergschloß gewesen / gehöret zu der Graffschafft Blanckenburg / sind jetzo nur die rudera vnd verfallene hohe Mauren davon / auff einem anmuhtigen grünen Hügel / zu sehen. Dieses Hauß / vnd die Schlösser Blanckenburg vnd Reinstein / ligen vor dem Hartze / recht in trigono oder Triangul / auff eine halbe vnd viertel Meile von einander / darauß die Grafen von Blanckenburg vnd Reinstein zu Kriegsläufften einander trefflich Beystand leisten können.

Es ist dieses vhralte Schloß Anno 1073. erobert / vnd gäntzlich ruiniret / hernacher aber gleichwol zu einem vesten Bergschlosse wieder erbawet worden / auch also biß auff den Bawrenkrieg / vor hundert vnd zwantzig Jahren / da es gäntzlich verstört vnd desolat worden / verblieben.

Es ist merckwürdig / daß bey diesem Schlosse vor wenig Jahren ein Falckonetkugel in der Mauren steckent gefunden / so inwendig ein viereckigt stück Eisen / eusserlich aber mit Bley vmbgossen / vnd gerundet

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Matthäus Merian: Topographia Braunschweig Lüneburg. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1654/1658, Seite 111. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Braunschweig_L%C3%BCneburg_(Merian)_171.jpg&oldid=- (Version vom 7.5.2020)