Seite:Braunschweig Lüneburg (Merian) 141.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Völckern / zum offtern eingenommen / vnd sehr ruiniret worden / welches aber jetzo nach aller Mügligkeit hinwieder repariret / vnd zu vorigem Stande gebracht wird. Hat sonsten in seinem Bezirck 17. grosse vnd kleine Dörffer / welche eins theils an dem Leine-Strom / theils auch an der Eimbeck- vnd Alfeldischen Grentze belegen / vnd dem Ampte mit Huld vnd Schuld / auch Fron vnd Diensten verwandt seyn / vnd dahin zu Gerichte gehen müssen. Hat zimblichen fruchtbaren Acker / sonderlich der / so nahend dem Leine-Strom belegen / auch köstlich Wiesenwachs / welches schier alle Jahr von dem Leine-Strom überschwemmet / vnd derogestalt begeilet wird / daß an Graß vnd Hewwachs ein Vberfluß zu finden / Falls aber der Strom sich zur Vnzeit / im Sommer vnd Hewmonat (wie dann zun Zeiten beschiehet) ergeusst / vnd die Awen vnd Wiesen mit dem Schleck / welchen die Leine auß ihrem sumpfigen vnd morastigen Grunde außwirfft / bedecket / wird der Vberfluß zum offtern in Mangel verkehret.

Mit Holtzung ist diß Ampt überflüssig versehen / zumahln nicht allein die Nohtturfft nahend dabey verhanden / besondern auch der ansehnliche vnd berühmte Wald / der Hilß genant / in dessen Bezirck vnd Grentzen belegen / welcher zugleich auch daß Ackenhäuser Holtz in sich begreifft / hat ansehnlich Eichen vnd Büchen Mastholtz / also / daß zu Mastzeiten / etzlich viel hundert Schweine können gefeistet werden / worin dann auch allerhand Wildbrät / als Hirsch / Rehe / Säwe / auch von Raubthieren / Wölffe vnd Lüchse zu finden / gestaltsamb dann in anno 1652. drey Lüchse geschossen / vnd zu der Fürstlichen Residentz Wolffenbüttel gesandt worden / Sonsten aber vorher bey Menschen gedencken an diesem Ort nicht verspüret worden.

Es sind auch in diesem Walde zweene ansehnliche Glasehütten verhanden / in deren jeden bey die 24. Personen continuirlich / so Tages als Nachtes / blasen vnd arbeiten / vnd wird eine jede Hütte in zwo Seiten abgetheilet / vff deren eine die Wein- vnnd Biergläser / auff der andern aber das Schorff- vnd Fensterglaß / auch schöne helle Fensterscheiben verfertiget werden / vnd hat es damit eine sothane Bewandnuß: Zu dem Wein- vnd anderm schönen hellen Glaß / wird gebrauchet Asche vnd Sand / die Asche muß von faulem Holtz / so Waldasche genant wird / gebrant / durch ein Siebe gesichtet / vnd alsdann nebst dem Sande in die / von sonderlichem Thon dazu verfertigte Häfen / in die Gluet gesetzet / auch mit etwas Saltz vermischet werden / es gibt aber das Saltz kein Glaß / besondern machet die Materialien / als Asch vnd Sand / nurt flüssig / damit es fein lauter / rein vnd klar werde / wie dann imgleichen auch ein wenig kalt Wasser / vmb das Glaß darin zu schrencken / auch das Fewr / wann es zu Zeiten überhand nehmen will / zu leschen / bey der Hand seyn muß / vnd kan also in obbemelten Häven / die Materia vff allerhand art / als / grün / gelb / blau / vnd braunlicht gefärbet / vnd das Glaß nach beliebenden Farben gemachet werden. Das Holtz wird in zweyen absonderlich dazu aptirten Oefen / derogestalt getrocknet / vnd so heiß gemachet / daß es von dem Schürer / mit sonderlich gestrickten dicken Lappen vnd Handschuen angegriffen / vnd zur Gluet vnter die Häven gestecket / damit es augenblicklich / wie ein Schwefelstock / angezündet werden könne.

Vorbemelte Personen haben in jeder Hütten ihre sonderbare Verrichtung / vnd befinden sich 6. in 7. Weingläsergesellen / deren jeder seinen besondern Hafen / worauß er bläset / vnd auch besondern Jungen / welcher das geblasene Glaß von ihnen / mit einer eisern Stangen wegnimbt / vnd in einen mit sonderer Gluet versehenen Kuhlofen / worin es alsdann die härte überkompt / setzen.

Zum Fensterglaß machen muß Soetasche / welche in den Saltzwangen vnd Kohten gebrant / nebst dem Sande gebraucht werden / vnd gehören dazu 6. Personen / als 1. & 2. zweene Schürer / welche das Glaß schmeltzen / vnd einer vmb den andern / so Tages als Nachtes / vmbwechseln /

Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Braunschweig Lüneburg. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1654/1658, Seite 96. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Braunschweig_L%C3%BCneburg_(Merian)_141.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)