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wol besetzet. Nebenst derselben / vnd der Fürstl. Cantzleye / ist ein absonderliches Hoffgericht angeordnet / dahin so wol / wie an die Cantzley / von den Vntergerichten appelliret / auch nach Beschaffenheit der Partheyen vnd Sachen / in erster Instantz darin erkant wird. Von diesen beeden Obergerichten aber mag nur allein an den Keyserlichen Reichs-Hoff-Rath / oder das Keyserliche Cammergericht appelliret werden / vnd zwar wann die Summa sich über 2000. Goldgülden belauffet. Gestalt das Fürstl. Hauß Braunschweig Lüneburg solch Privilegium, nebenst noch einem / (daß es die Wahl haben möge / in prima instantia, vor dem Keyserl. Reichs HoffRaht / oder dem Cammergericht zu stehen) vor etlichen Jahren erhalten.


Religion vnd Gottesdienst.

Anlangend die Religion vnd Gottesdienst in diesem Fürstenthumb / ist auß den Historien bekant / daß die Einwohner vor Zeiten Keyser Karls deß Grossen / dem Abgöttischen Heydenthumb zugethan gewesen. Derselbe hat sich mit fleiß angelegen seyn lassen / diese vnglaubige Sachsen zum Christenthumb zu bringen / ist Ihm auch glücklich gelungen. Wie aber schon zu der Zeit die heilsame seligmachende Lehre mit vielen Irrthümen / vnd Aberglauben / welche in die Christliche Kirche eingeschlichen / hat angefangen verunreiniget zu werden / dieselbe auch / insonderheit aber deß Papsts zu Rom anmassende Gewalt / über die gantze Christenheit / in Geist- vnd Weltlichen Sachen / sampt andern vielen Mißbräuchen / nach vnd nach zu / vnd endlich überhand genommen / also daß durch sonderbare Schickung GOttes / die von so vielen frommen Christen so hochverlangte Reformation der Kirchen / von D. Martino Luthero, vnd andern Gottseligen Männern / endlich zur Hand genommen. Da hat der Allgütigkeit Gottes gefallen / auch dieses Land auß der Finsternuß deß Pabsthumbs zu erretten.

Dann wie nunmehr Churfürst Friederich zu Sachsen / die Kirchen in seinen Landen von den Päbstischen Irrthümben vnd Mißbräuchen gesaubert / hat nach dessen Exempel seiner Schwester Sohn / Hertzog Ernst / regierender Hertzog zu Lüneburg / die heilsame gereinigte Lehre in den Kirchen vnd Klöstern dieses Fürstenthumbs predigen / vnd die Päbstische Irrthüme vnd Mißbräuche nicht allein durch die Prediger straffen / sondern auch gäntzlich abthun lassen / Welches desto besser ins Werck zu richten / Er den trefflichen Theologum Urbanum Regium, (der sonsten vorhin deß Ecci Discipulus gewesen) zu Augspurg in Dienst genommen / Ihn mit sich in sein Fürstenthumb geführet / vnd zum General Superintendenten darin gemachet / In welchem seinem anbefohlenen Ampt er sich die Fortpflantzung der reinen Lehre fleissig angelegen seyn lassen / vnd in der Christlichen Kirchen viel Nutzen gestifftet. Seit solcher Zeit ist dieses Fürstenthumb bey der Evangelischen wahren Religion / ohne eintzige Spaltung beständig verblieben.

Vnd damit auch in Geistlichen Sachen gute Ordnung gehalten werden möge / ist über das gantze Fürstenthumb ein Superintendens Generalissimus, vnd nach demselben verschiedene Special Superintendentes, welchen die Auffsicht auff die übrige Pfarren vnd Gemeinen anbefohlen / wie nicht weniger ein Geistliches Consistorium, auß Geistlichen vnd Politicis bestehend / löblich verordnet. Welches man also von diesem Hertzogthumb ins gemein / zu deß Lesers Nachricht zu vermelden / nicht vndiensam erachtet.

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Matthäus Merian: Topographia Braunschweig Lüneburg. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1654/1658, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Braunschweig_L%C3%BCneburg_(Merian)_029.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)