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Walther Kabel: Bix. In: Von Nah und Fern. Illustriertes aktuelles Unterhaltungsblatt für Jedermann. Beilage zur Lienzer Zeitung. Heft 27 S.1–4, Heft 28 S.2–5, Heft 29 S.2–5, Heft 30 S.1–5, Heft 31 S.6

einzugestehen. Aber Sie wissen, Benters, ich verfüge bisweilen über eine so überzeugende Beredsamkeit, daß mir selten jemand widersteht – besonders Damen nicht. Und so wandte ich mich denn hauptsächlich an die glutäugige Schönheit, machte ihr die Vorteile recht deutlich klar, die ihnen die Vermeidung der Bekanntschaft [mit][1] den preußischen Gerichten einbringen würde, verwies dabei besonders auf die höchst primitive Einrichtung der Zellen in dem hiesigen Gefängnis, auf die frugale, fleischlose Gemüsekost der Gefangenen, die Eintönigkeit des Wergzupfens und ähnliches mehr, und erreichte auch auf diese Weise, daß das Pärchen nach einigen schnell ausgetauschten Worten in russischer Sprache, die ich leider nicht verstand, sich erweichen ließ und mir den Raub mit Ausnahme des einen goldenen Armbandes und eines Brillantringes herausgab – nebenbei trugen die Leutchen vorsichtig die sämtlichen Schmucksachen in ihren Kleidertaschen. Für die fehlenden Gegenstände erhielt ich zwei Zettel, die mich sehr lebhaft an die wildesten Jahre meiner Studentenzeit erinnerten – sogenannte Pfandscheine, mein lieber Assessor. … Vielleicht sind Ihnen solche Dinge aus eigener Erfahrung auch bekannt. – – Nicht?! – Schade! Dann hätten Sie nämlich mehr Verständnis für den … „Ausflug“ gehabt, den Sarakows vorgestern unternahmen und der nur den Zweck hatte, um in der Provinzialhauptstadt das Armband und den Ring zu versetzen und so ihre etwas erschöpfte Kasse wieder aufzufrischen. Die Pfandscheine – für Sie demnach recht interessante Einrichtungen unseres Wirtschaftslebens! – kann ich Ihnen leider nicht mehr zeigen. Denn meine gestrige Reise am Nachmittage galt der schleunigen Auslösung der Gegenstände, wozu ich allerdings einen gehörigen Griff in meine eigene Börse tun mußte, da das Pärchen mir von dem Erlöse der beiden Schmucksachen nur noch 100 Mark herausgeben konnte. Das übrige Geld – 150 Mark – war zum Teil schon an Frau Werner gezahlt worden, zum Teil auch durch die Unkosten der Fahrt draufgegangen. – So, eigentlich bin ich nun fertig. Denn daß ich es den Russen, die ich nebenbei für internationale Hochstapler halte, wie sie die Bäder oft unsicher machen, recht nahelegte, umgehend den Badeort zu verlassen, ist wohl selbstverständlich. Und seit gestern abend steht denn auch die Sarakowsche Wohnung im Wernerschen Pensionat wieder leer. – Nun, was sagen Sie zu diesem Abschluß der famosen Diebstahlsgeschichte, lieber Benters? Habe ich das nicht wirklich sehr fein und sicher zu allseitiger Zufriedenheit erledigt …?“

„Zu allseitiger …! – Das kann ich gerade nicht sagen! Im Gegenteil! – Sie haben sogar höchst eigenmächtig gehandelt! Denn Ihre Pflicht wäre es doch wohl gewesen, die beiden sofort verhaften zu lassen und sie nicht der gerechten Strafe zu entziehen.“ – Der Assessor suchte dabei einen möglichst strengen Ton anzuschlagen, was ihm aber nicht recht gelingen wollte. Auch Jarotzki selbst schien diesen Einwurf nicht für ernst zu nehmen, sondern meinte mit einem schlauen Augenzwinkern:

„Bester, reden Sie jetzt nur nicht von dem hohen Gipfel Ihrer Staatsstellung herab, sondern überlegen Sie sich, daß ich durch diesen Abschluß der Angelegenheit wirklich allen Teilen genutzt habe – allen! Die Badeverwaltung wird glücklich sein, daß die für sie so unangenehme Affäre ganz unter Ausschluß


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Walther Kabel: Bix. In: Von Nah und Fern. Illustriertes aktuelles Unterhaltungsblatt für Jedermann. Beilage zur Lienzer Zeitung. Heft 27 S.1–4, Heft 28 S.2–5, Heft 29 S.2–5, Heft 30 S.1–5, Heft 31 S.6. Georg E. Nagel in Berlin-Schöneberg, Lienz 1913, Seite Nr.30,S.4. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bix_0017.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)