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notwendig, wohl aber notwendig, daß ich tätig bin“, der nicht glänzen, sondern nützen, nicht genießen, sondern schaffen, nicht befehlen, sondern dienen wollte. Volkstümlich in seiner Unnahbarkeit und trotz ihrer, von Zweifeln gequält und doch dem frommen Ziethen herzlich eben um seiner Frömmigkeit willen zugetan, der treue Bruder seiner Schwester, deren eine, Friederike Wilhelmine, er am Tage vor Hochkirch verlor, deren andere in ihrer selbstgesuchten und nimmer gelassenen Einsamkeit er tröstete und mit Zuspruch und Zusage erfreute, ein dankbarer Sohn gegen solchen Vater, den er mit dem Mute eines Philosophen und mit dem Glauben eines Christen hatte sterben sehen. – Friedrich der Große hat sein Leben in Tat umgesetzt und ist in der Tat nicht gealtert.

 Und der Jüngling, dessen Jugend Liebe, Treue und mütterliche Weisheit bewachte, ist ohne Freude an der Tat und ohne klare Erfassung der Pflicht, Launen und Leidenschaften zum Bösen wie zum Guten unterworfen, von großen Gedanken und von geringster Sammlung des Willens, im engen Kreise verengerten Sinnes nie Mann geworden, und als er die Arbeit als Pflicht gegen sich und sein Land zu ahnen begann, ist die Nacht gekommen, die ihm das Wirken verbot. Einsam sind beide gestorben, der König und sein Verwandter, aber den einen besuchte, den anderen täuschte die Erinnerung.

 Wer indeß durch die fränkische Landschaft mit ihren guten Straßen und ihren vielen Kirchen wandert und der Segnungen gedenkt, die allein von dem Gymnasium Onoldinum ausgegangen sind, segnet das Andenken des Wilden Markgrafen, Temporum series optima medica. Nicht alles steigt leuchtend nieder; aber – mancher trüb gesunkene Stern leuchtet wieder auf.

 Der Name unserer Stadt, nach der dieser Saal genannt ist, bleibt unenträtselt, aber behält gerade deswegen bei vielen ihrer einstigen Gäste und Insassen den guten Klang, den das mehr geglaubte als empfundene Glück der Jugend immer wieder zu wecken versteht. Über unserer lieben Stadt liegt der stille, heimlich leuchtende Glanz gesegneter Vergangenheit, in ihr regt sich die Arbeit der kampfreichen Gegenwart, hoffentlich zum Größten und Edelsten diensam. Wenn nun in die reiche Reihe bedeutsamer Stiftungen und Anstalten des Rettungshaus sich einfügen will, dem durch Jahrzehnte die wachende, sorgende, treu sich mühende Güte unserer Herren Weltlichen Konsistorialräte, dieser consistoriales vere spirituales gilt, so wünschen wir ihm viel Segen auf den Weg und viel Glück, daß es wachse, blühe, wahre und wehre, damit die Zukunft ehrlich und ernstlich sei.

 Aber als beste Gewähr und sicherste Bürgschaft für eine der größeren Vergangenheit nicht ganz unwerte Zukunft stehe doch das Wort, das ein alttestamentlicher Volksführer seinem Herrn abgelauscht und seinem Volke treulich überkommen hat.

Deine Mauern sind immerdar vor Mir.
(Jes. 49, 16). 


Empfohlene Zitierweise:
Hermann von Bezzel: Aus Ansbachs vergangenen Tagen. Fr. Seybold’s Buchhandlung, Ansbach ca. 1912, Seite 15. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bezzel_Aus_Ansbachs_vergangenen_Tagen_15.png&oldid=- (Version vom 19.7.2016)