auch nicht, lieber Doktor – aber die Menschen im Allgemeinen … Auch unsere Regierung nicht, dafür kann ich gutstehen – aber die anderen Staaten.“ …
„Mit welchem Rechte halten Sie andere Leute für schlechter und unvernünftiger als sich und mich? Da will ich Ihnen ein kleines Märchen erzählen:
Vor der geschlossenen Pforte eines schönen Gartens, gar sehnsüchtig hineinschauend, stand ein Haufen Menschen, tausendundeiner an der Zahl. Der Pförtner hatte den Auftrag, die Leute hereinzulassen, falls die Mehrzahl unter ihnen den Einlaß wünschte. – Er rief den Einen herbei: „Sag’ – aber aufrichtig – möchtest Du herein?“ – „O ja, ich schon, aber die andern Tausend sicher nicht.“ Diese Antwort schrieb der kluge Pförtner in sein Notizbuch. Dann rief er einen Zweiten. Der sagte dasselbe. Wieder trug der Kluge unter die Rubrik „ja“ die Ziffer 1, unter die Rubrik „nein“ die Ziffer 1000 ein. Das ging so bis zum letzten Mann. Dann addierte er die Zahlen. Das Ergebnis war: 1001 „ja“, über eine Million „nein“. So blieb das Thor verschlossen, denn das „nein“ hatte eine erdrückende Majorität. Und das kam daher, weil Jeder, statt nur für sich, auch für die Anderen antworten zu müssen glaubte.“
„Allerdings,“ sprach der Minister nachdenklich, und wieder schlug Lori Griesbach bewundernde Augen zu ihm auf – „es wäre allerdings eine schöne Sache, wenn die einstimmige Votierung einer Entwaffnungsvorlage stattfinden würde; – aber andererseits, welche Regierung wird es wagen, den Anfang zu machen?
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. E. Pierson’s Verlag, Dresden/Leipzig 1899, Band 2, Seite 321. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_2).djvu/326&oldid=- (Version vom 31.7.2018)