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Als ich zum erstenmale wieder zu Bewußtsein gelangte, war der Friede geschlossen – die Kommune überstanden. Monatelang hatte ich – von meiner treuen Frau Anna gepflegt – in einer Krankheit dahingelebt, ohne zu wissen, daß ich lebe. Und was es für eine Krankheit war – ich weiß es heute noch nicht. Meine Umgebung nannte es zartsinnig: Typhus; ich glaube aber, daß es einfach – Wahnsinn war.

So ganz dunkel erinnerte ich mich, daß die letzte Zeit mit Vorstellungen von knatternden Schüssen und lodernden Bränden gefüllt war; vermutlich vermengte sich da mit meinen Phantasien die in meiner Gegenwart besprochenen Ereignisse der Wirklichkeit, nämlich die Kämpfe zwischen Versaillern und Kommunarden, die Brandlegungen der Petroleusen. –

Daß – als ich meine Vernunft wieder erlangte und mit dieser auch das Verständnis meines tiefen Unglücks: daß ich da mir kein Leid angethan oder daß der Schmerz mich nicht tötete, das lag wohl an dem Besitze meiner Kinder. Durch diese konnte, für diese mußte ich leben. Noch vor meiner Krankheit – an dem Tage selber, an dem das schreckliche über mich hereingebrochen – hat mich Rudolf am Leben erhalten.

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Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. E. Pierson’s Verlag, Dresden/Leipzig 1899, Band 2, Seite 299. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_2).djvu/304&oldid=- (Version vom 31.7.2018)