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Das Ding war übrigens weniger schauervoll, als es im ersten Augenblick geschienen. Keine brennenden Gebäude, keine angstschreienden Menschenhaufen, keinen unaufhörlich die Luft durchschwirrenden Bombenhagel – sondern immer nur dieses dumpfe, ferne, von langen und längeren Zwischenräumen getrennte Rollen. Man fing nach einiger Zeit beinahe an, sich daran zu gewöhnen. Die Pariser wählten als Spaziergangsziel solche Punkte, von welchen aus man die Kanonenmusik besser hören konnte. Hier und da fiel ein Geschoß auf die Straße und platzte, aber wie selten kam Einer dazu, zufällig in der Nähe zu sein. Zwar fielen manche tötliche Bomben herab, aber in der Millionenstadt hörte man von diesen Fällen nur so vereinzelt, wie man auch sonst gewohnt ist, unter den Lokalnachrichten seiner Zeitung verschiedene Unglücksfälle zu vernehmen, ohne daß es einem besonders nahe ginge: „Ein Maurer von einem vierstockhohen Gerüst gefallen“ oder „eine anständig gekleidete Frauensperson sich über das Brückengeländer in den Fluß gestürzt“ u. dgl. m. Der eigentliche Kummer, der eigentliche Schrecken der Bevölkerung, das war nicht das Bombardement: das waren der Hunger, die Kälte, die Not. Aber eine solche Nachricht von einem unheilbringenden Geschoß hat mich tief erschüttert. Dieselbe kam in Form einer schwarzumrandeten Traueranzeige ins Haus:

„Herr und Frau N. geben Nachricht von dem Tode ihrer zwei Kinder François (8 Jahre alt) und Amélie (4 Jahre),[WS 1] welche eine durch das Fenster fliegende Bombe erschlagen hat. Um stille Teilnahme wird gebeten.“

Anmerkungen (Wikisource)

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Empfohlene Zitierweise:
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. E. Pierson’s Verlag, Dresden/Leipzig 1899, Band 2, Seite 287. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_2).djvu/292&oldid=- (Version vom 31.7.2018)