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die Ulanen“: das hat einen phantastisch-dämonischen Klang, beinahe als hieße es „das wilde Heer“. In der Einbildung der Leute nimmt diese Truppengattung ein teuflisches Wesen an. Wo immer von der deutschen Kavallerie ein kühner Streich ausgeführt wird, wird er den Ulanen zugeschrieben – eine Art Halbmenschen, ohne Sold, darauf angewiesen, von Beute zu leben. Neben den Schauergerüchten entstehen aber auch wieder Triumphgerüchte. Das Erfolgvorlügen gehört mit zu den Chauvinistenpflichten. Natürlich: der Mut muß aufrecht erhalten werden. Das Gebot der Wahrhaftigkeit – wie so viele andere Sittengebote – verliert seine Gültigkeit im Kriege. Aus der Zeitung Le Volontaire diktierte mir Friedrich folgende Stelle für meine roten Hefte:

„Bis zum 16. August haben die Deutschen schon 144 000 Mann verloren, der Rest ist dem Verhungern nahe. Aus Deutschland ziehen die letzten Reserven herbei, „la landwehr et la landsturm“; alte Männer von 60 Jahren mit Feuersteingewehren, an der rechten Seite eine ungeheure Tabaksdose, an der linken eine noch größere Schnapsflasche, im Munde eine lange thönene Pfeife; keuchend unter der Last des Tornisters, auf welchem die Kaffeemühle und in welchem der Fliederthee nicht fehlen darf, ziehen sie hustend und sich schneuzend vom rechten an das linke Rheinufer, Diejenigen verfluchend, welche sie den Umarmungen ihrer Enkel entrissen haben, um sie dem sicheren Tode entgegen zu führen.“ – „Was die deutscherseits gebrachten Siegesnachrichten anbelangt – so sind dies die bekannten preußischen Lügen.“

Am 20. August verkündet Graf Palikao in der Kammer, daß drei gegen Bazaine vereinte Armeekorps in die Steinbrüche von Jaumont geworfen wurden. (Sehr gut! Sehr gut!) Zwar weiß niemand, was das

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Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. E. Pierson’s Verlag, Dresden/Leipzig 1899, Band 2, Seite 265. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_2).djvu/270&oldid=- (Version vom 31.7.2018)