es ja Heimgebliebene überhaupt keine mehr gibt. Die kriegsliebenden Gefühle, die dem Soldaten immer untergeschoben – und damit auch häufig erweckt werden, die werden dann seltener angefacht; denn wer sind diejenigen, die am heldenmütigsten thun, die am heftigsten von kriegerischen Großthaten und Gefahren schwärmen? Diejenigen, die davor schön sicher sind – die Professoren, die Politiker, die Bierhauskannegießer – der Chor der Greise, wie im ‚Faust‘. Nach dem Verlust der Sicherheit wird dieser Chor verstummen. Ferner: wenn nicht nur jene dem Militärdienst sich widmen, die ihn lieben und loben, sondern auch alle jene zwangsweise dazu herangezogen werden, die ihn verabscheuen, so muß dieser Abscheu zur Geltung kommen. Dichter, Denker, Menschenfreunde, sanfte Leute, furchtsame Leute: alle diese werden von ihrem Standpunkte aus das aufgezwungene Handwerk verdammen!“
„Sie werden diese Gesinnung aber wohlweislich verschweigen, um nicht für feige zu gelten – um sich höheren Orts nicht der Ungnade auszusetzen.“
„Schweigen? Nicht immer. So wie ich rede – obwohl ich selber lange geschwiegen habe – so werden die Anderen auch mit der Sprache herausrücken. Wenn die Gesinnung reift, wird sie zum Wort. Ich einzelner bin vierzig Jahre alt geworden, bis meine Überzeugung die Kraft gewann, sich im Ausdruck Luft zu machen. Und so wie ich zwei oder drei Jahrzehnte gebraucht – so werden die Massen vielleicht zwei oder
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. E. Pierson’s Verlag, Dresden/Leipzig 1899, Band 2, Seite 205. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_2).djvu/210&oldid=- (Version vom 31.7.2018)