an seiner Seite eine Strecke weiter und wir kamen in eine solche Scheune, welche ein Bild bot, wie es Frau Simon beschrieben. In der Kirche wenigstens war ein weiter Raum, wo die Unglücklichen neben einander lagen, hier aber waren sie auf- und ineinander geschichtet – haufen- und knäuelweise; in die Kirche waren doch Pflegende – vielleicht ein durchmarschierendes Sanitätskorps – gekommen, welche zwar mangelhafte, aber doch einige Hilfe geboten hatten; hier aber waren lauter ganz ungefunden Gebliebene – eine krabbelnde, wimmernde Masse halbverfaulter Menschenreste … Erstickender Ekel packte mich an der Kehle, bitterster Jammer am Herzen – mir war als fühlte ich letzteres entzwei brechen – und ich stieß einen gellenden Schrei aus. Dieser Schrei ist das letzte, was mir von jener Scene in Erinnerung geblieben.
Als ich wieder zur Besinnung kam, befand ich mich in einem fahrenden Eisenbahnwagen. Mir gegenüber saß Doktor Bresser. Als er gewahrte, daß ich die Augen geöffnet und erstaunt und forschend um mich schaute, ergriff er meine Hand:
„Ja, ja, Frau Martha,“ sagte er, „dies ist ein Koupee zweiter Klasse – Sie träumen nicht. Sie sind hier in Gesellschaft einiger leichtverwundeter Offiziere und Ihres Freundes Bresser, und wir fahren nach Wien.“
So war es. Der Doktor hatte einen Transport
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. E. Pierson’s Verlag, Dresden/Leipzig 1899, Band 2, Seite 94. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_2).djvu/099&oldid=- (Version vom 31.7.2018)