sagte der Doktor. „Das Schloß, von seinen Besitzern verlassen, soll vom Keller bis zum Dache mit Verwundeten angefüllt sein.“
Wir stiegen ab. Ich konnte mich kaum auf den Füßen halten, strengte aber meine äußerste Kraft an, um dies nicht merken zu lassen.
„Vorwärts!“ sagte Frau Simon. „Haben wir alle unsere Gepäcksachen? Was ich mitführe, wird den Leuten Labung bringen.“
„Auch in meinem Kofferchen befinden sich Stärkungsmittel und Verbandszeug“, sagte ich.
„Und meine Handtasche enthält Instrumente und Arzneien“, fügte Bresser hinzu, dann gab er den uns begleitenden Soldaten die nötigen Befehle: zwei sollten bei den Pferden bleiben, die übrigen mit uns kommen.
Wir traten unter das Schloßthor. Dumpfe Klagelaute von verschiedenen Seiten … Alles finster – –
„Licht! Da macht doch vor allem Licht!“ schrie Frau Simon.
O weh, alles mögliche hatten wir mitgebracht: Chokolade und Fleischextrakt, Cigarren und Leinwandstreifen – aber an eine Kerze hatte niemand gedacht. Keine Möglichkeit, das Dunkel, das uns und die Unglücklichen umgab, aufzuhellen. Nur eine Schachtel Zündhölzer, welche der Doktor in der Tasche trug, half uns für einige Sekunden die schrecklichen Bilder zu sehen, welche diese Stätte des Elends füllten. Der Fuß glitt auf dem von Blut schlüpfrigen Boden aus, wenn man sich weiter bewegen wollte. Was nun?
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. E. Pierson’s Verlag, Dresden/Leipzig 1899, Band 2, Seite 84. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_2).djvu/089&oldid=- (Version vom 31.7.2018)