Ich stieß einen dumpfen Laut des Ekels aus.
„Was willst Du?“ sagte mein Vater achselzuckend, „es ist freilich grauenhaft – aber das ist der Krieg.“
„Dann behaupte wenigstens nie, daß der Krieg die Menschen veredle! – Gestehe, daß er sie entmenscht, vertigert, verteufelt: … Siedendes Öl! … Ach! …
„Gebotene Selbstverteidigung und gerechte Rache, liebe Martha. Glaubst Du etwa, ihre Zündnadelgeschosse thun den unseren wohl? … Wie das wehrlose Schlachtvieh müssen unsere Tapferen dieser mörderischen Waffe unterliegen. Aber wir sind zu zahlreich, zu diszipliniert, zu kampftüchtig, um nicht doch noch über die „Schneidergesellen“ zu siegen. Zu Anfang sind gleich ein paar Fehler begangen worden. Das gebe ich zu. Benedek hätte gleich die preußische Grenze überschreiten sollen … Es steigen mir Zweifel auf ob diese Feldherrnwahl eine ganz glückliche war … Hätte man lieber den Erzherzog Albrecht hinauf geschickt und dem Benedek die Süd-Armee übergeben … Aber ich will nicht zu früh verzagen – bis jetzt haben ja eigentlich doch nur vorbereitende Gefechte stattgefunden, welche von den Preußen zu großen Siegen aufgebauscht werden – die Entscheidungsschlachten kommen erst. Jetzt konzentrieren wir uns bei Königgrätz; dort – über hunderttausend Mann stark – erwarten wir den Feind … dort wird unser nördliches Custozza geschlagen!“
Dort würde auch Friedrich mitkämpfen. Sein letztes, am selben Morgen angelangtes Briefchen trug die Nachricht: „Wir begeben uns nach Königgrätz.“
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. E. Pierson’s Verlag, Dresden/Leipzig 1899, Band 2, Seite 27. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_2).djvu/032&oldid=- (Version vom 31.7.2018)