die durch tausendfältige Wiederholung sanktionierte Phrase, ‚anständig‘. Ich aber versichere Dich, Vater – dieses naturwidrige ‚Gern-sterben‘, welches da allen Männern zugemutet wird, so heldenhaft es dem Aussprechenden auch dünken mag – mir klingt es wie gesprochener Totschlag.“
Unter Friedrichs Papieren – viele Tage später – habe ich einen Brief gefunden, den ich ihm in jenen Tagen nach dem Kriegsschauplatz schickte. Dieser Brief zeigt am deutlichsten, von welchen Gefühlen ich damals erfüllt war.
Grumitz, 28. Juni 1866.„Teurer: Ich lebe nicht … Stelle Dir vor, daß in einem Nebenzimmer die Leute beraten, ob ich in den nächsten Tagen gehenkt werden soll, oder nicht, während ich draußen auf diese Entscheidung warten muß. In dieser Wartezeit atme ich wohl – aber kann ich das leben nennen? Das Nebenzimmer, in welchem die Frage entschieden werden soll, heißt Böhmen … Doch nicht, Geliebter, das Bild ist noch nicht ganz zutreffend. Denn wenn es sich nur um mein Leben oder Sterben handelte, so wäre das Bangen nicht so groß. Denn mein Bangen gilt einem viel teureren Leben, als dem eigenen … Und sogar noch ärgerem als Deinem Tode gilt meine Angst – sie gilt Deiner möglichen Todesqual … O, wäre es doch nur schon vorüber,
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. E. Pierson’s Verlag, Dresden/Leipzig 1899, Band 2, Seite 17. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_2).djvu/022&oldid=- (Version vom 31.7.2018)