den alten Spruch vorbrachte: Sie vis pacem, para bellum: Wir rüsten ja doch nur aus Vorsicht. – Und die Andern? – In der Absicht, uns zu überfallen. – Jene sagen aber auch, daß sie sich nur gegen unseren Überfall vorsehen. – Das ist Heimtücke. – Und sie sagen, daß wir heimtückisch seien. – Das sagen sie nur als Vorwand, um besser rüsten zu können.
Wieder so ein endloser Cirkel, eine sich in den Schwanz beißende Schlange, deren oberes und unteres Ende zweifache Unaufrichtigkeit ist … Nur um einem Feinde zu imponieren, der den Krieg will, kann die rüstende Schreckmethode etwa des Friedens willen am Platze sein; aber zwei Gleichgesinnte, Frieden Wollende, können unmöglich nach diesem System handeln, ohne daß Jeder fest überzeugt sei, daß der Andere mit leeren Phrasen lügt. Und diese Überzeugung wird nur so fest, wenn man selber hinter den gleichen Phrasen dieselben Absichten versteckt, deren man den Gegner beschuldigt. Nicht nur die Auguren – auch die Diplomaten wissen voneinander genau, was jeder hinter den öffentlichen Ceremonien und Redeweisen im Sinne führt …
Das beiderseitige In-Kriegsbereitschaft-setzen dauerte die ersten Monate des Jahres fort. Am 12. März kam mein Vater freudestrahlend in mein Zimmer gestürzt.
„Hurrah!“ rief er. „Gute Nachrichten –“
„Abgerüstet?“ fragte ich freudig.
„Warum nicht gar! Im Gegenteil, die gute Nachricht ist die: Gestern wurde großer Kriegsrat
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. E. Pierson’s Verlag, Dresden/Leipzig 1899, Band 1, Seite 294. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_1).djvu/299&oldid=- (Version vom 31.7.2018)