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Dieses Argument, wenn von den Verherrlichern des Krieges angeführt, ist schon das allerunaufrichtigste. Eher dient es jenen, die den Krieg verabscheuen und die für die grausige Erscheinung doch einen Grund, ein die Natur sozusagen entschuldigendes Moment auffinden wollen; aber wer im Innern den Krieg liebt und ihn erhalten hilft, der thut es sicher nicht im Hinblick auf das Wohlbefinden entfernter Geschlechter. Die gewaltthätige Dezimierung der gegenwärtigen Menschheit durch Totschlag, künstliche Seuchenbildung und Verarmung wird gewiß nicht veranstaltet, um von der künftigen die Gefahr etwaigen Mangelleidens abzulenken; wenn menschliches Eingreifen nötig wäre, um zum allgemeinen Wohle Übervölkerung zu verhüten, so gäbe es wohl direktere Mittel hierzu als Kriegführung. Das Argument ist also nur eine Finte, welche aber meist mit Erfolg angewendet wird, weil sie verblüfft. Das Ding klingt so gelehrt und eigentlich sehr menschenfreundlich – man denke nur: unsere lieben in einigen tausend Jahren lebenden Nachkommen, denen müssen wir doch genügenden Ellbogenraum schaffen! – Dieses Nr. 3 bringt viele Friedensverteidiger in Verlegenheit. Über solche naturwissenschaftliche und sozialökonomische Fragen sind die wenigsten Leute unterrichtet; die wenigsten wissen wohl, daß das Gleichgewicht von Sterblichkeit und Fruchtbarkeit von selber sich herstellt; daß die Natur über ihre Lebewesen nicht die vernichtenden Gefahren bringt, um deren Überzahl zu verhüten, sondern umgekehrt: daß sie die Fruchtbarkeit derer erhöht, die großen Gefahren ausgesetzt sind. Nach einem Kriege

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Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. E. Pierson’s Verlag, Dresden/Leipzig 1899, Band 1, Seite 286. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_1).djvu/291&oldid=- (Version vom 31.7.2018)