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Ich schreibe das alles nieder, Martha, nicht weil ich glaube, daß es Dich – arme Kranke – interessieren könne; noch, weil ich Dir gegenüber Betrachtungen anstellen will: aber ich habe eine Idee, daß ich bleiben werde und da will ich nicht, daß meine Gefühle unausgesprochen mit mir ins Grab versinken. Mein Brief kann – auch noch von anderen als Dir – gefunden und gelesen werden. Es soll nicht ewig verschwiegen und vertuscht bleiben, was sich im Geiste unbefangen denkender und menschlich fühlender Soldaten regt. „Ich hab’s gewagt“, war Ulrich von Huttens Wahlspruch. „Ich hab’s gesagt –: mit dieser Gewissensberuhigung will ich aus dem Leben geschieden sein.“

Die jüngste der vorhandenen Nachrichten war vor fünf Tagen abgesendet worden und vor zwei Tagen angekommen. Was kann in fünf Tagen – fünf Kriegstagen – nicht alles geschehen sein? Sorge und Bangen ergriff mich. Warum war gestern, warum heute kein Zeichen angelangt? O diese Sehnsucht nach einem Briefe – lieber noch Telegramme –: ich glaube kein von Fieberdurst Gequälter kann so nach Wasser lechzen, wie ich damals nach einer Nachricht lechzte. Ich war gerettet; ihm sollte die große Freude werden, mich lebend zu finden, wenn – – immer dieses „wenn“ – dieses jede Zukunftshoffnung in der Knospe erstickende „wenn“!

Mein Vater mußte wieder abreisen. Nunmehr konnte er mich beruhigt verlassen – die Gefahr war vorüber und er hatte schon dringend in Grumitz zu

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Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. Dresden/Leipzig: E. Pierson’s Verlag, 1899, Band 1, Seite 231. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_1).djvu/236&oldid=- (Version vom 31.7.2018)