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dem Reiche Luzifers, sondern eine Reminiscenz aus dem Reiche der Tierheit – ein Wiedererwachen der Bestialität. Nur wer sich bis zur wilden Mord lust berauschen kann, wer – wie ich das bei Manchen unter uns gesehen – mit weit ausgeholtem Hiebe den Schädel eines entwaffneten Feindes spaltet; wer zum Berserker – tiefer noch – zum blutdurstigen Tiger herabgesunken, der hat für Augenblicke „des Kampfes Wollust“ genossen. Ich nie – mein Weib – glaube es mir, ich nie.

Gottfried ist entzückt, daß wir Österreicher für dieselbe „gerechte Sache“ (was weiß denn er? Als ob nicht jede Sache im Armeebefehl als die „gerechte“ hingestellt würde) wie die Preußen eingetreten sind. „Ja, wir Deutsche sind doch alle ein einig Volk von Brüdern.“ – „Das hat sich schon im dreißigjährigen Krieg – und auch im siebenjährigen Krieg gezeigt,“ schaltete ich halblaut ein. Gottfried überhörte mich und fuhr fort: „Füreinander, miteinander besiegen wir jeden Feind.“ – „Wie dann, mein Junge, wenn heute oder morgen die Preußen mit den Österreichern kämpfen und wir zwei als Feinde gegen einander gestellt werden?“ – „Nicht denkbar. Jetzt, nachdem unser beider Blut für eine Sache geflossen, jetzt kann doch nie mehr …“ – „Nie mehr? Ich warne Dich vor den Ausdrücken „nie“ und „ewig“ in politischen Dingen. Was die Eintagsfliegen im Reiche der Lebewesen, das sind die Völkerfeindschaften und Freundschaften im Reiche der geschichtlichen Erscheinungen.“

Empfohlene Zitierweise:
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. Dresden/Leipzig: E. Pierson’s Verlag, 1899, Band 1, Seite 230. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_1).djvu/235&oldid=- (Version vom 31.7.2018)