mein Kind geboren wurde und starb … Daran war mir die Erinnerung geblieben, aber was dazwischen lag: des Vaters Ankunft, die laufenden Nachrichten von Friedrich, der Verlauf meiner Krankheit – von dem allen wußte ich nichts. Jetzt erst erfuhr ich, mein Zustand sei ein so schlimmer gewesen, daß die Ärzte mich bereits aufgegeben hatten und mein Vater gerufen worden war, um mich „ein letztes Mal“ zu sehen. An Friedrich waren die bösen Nachrichten gewissenhaft geschickt worden, aber auch die besseren Nachrichten – seit einigen Tagen nämlich gaben die Ärzte wieder Hoffnung – mußten zur Stunde schon in seinen Händen sein.
„Wenn er selbst noch am Leben ist“ – warf ich mit einem schweren Seufzer ein.
„Versündige Dich nicht, Martha,“ ermahnte die Tante; „der liebe Gott und seine Heiligen werden Dich nicht auf unser Flehen hin gerettet haben, um Dich dann so heimzusuchen. Auch Dein Mann wird Dir erhalten bleiben, für den ich, Du kannst es mir glauben, ebenso heiß gebetet habe, wie für Dich … sogar ein Skapulier habe ich ihm nachgeschickt … Ja, ja – zucke nur die Achseln – aber schaden können sie doch keinesfalls, nicht wahr? Und wie viele Beispiele hat man, daß sie genützt haben … Du selber bist mir auch wieder ein Beweis, was die Fürsprache der Heiligen vermag – denn Du warst schon am Rande des Grabes, glaube mir – da habe ich mich an Deine Schutzpatronin, die heilige Martha, gewendet –“
„Und ich,“ unterbrach mein Vater, welcher in
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. Dresden/Leipzig: E. Pierson’s Verlag, 1899, Band 1, Seite 221. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_1).djvu/226&oldid=- (Version vom 31.7.2018)