Seite:Bertha von Suttner – Die Waffen nieder! (Band 1).djvu/204

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

so zerfleischen einander doch nur die Hunde; in der Völkergeschichte sind es aber meist die dummen Knochen selber, welche auf einander losschlagen und sich gegenseitig zertrümmern, um für die Rechte der sie begehrenden Streiter zu kämpfen. „Mich will Azor haben“ – und „Auf mich hat Pluto Anspruch“ – „Ich protestiere gegen Karo’s Fänge“ und „Ich rechne es mir zur Ehre, von Minka gefressen zu werden,“ sagen die Knochen. „Dänemark bis zur Eider,“ riefen die dänischen Patrioten. „Wir wollen Friedrich von Augustenburg zum Herzog,“ riefen die Loyalen von Holstein. Unsere Zeitungsartikel und Gespräche unserer Kannegießer waren natürlich alle von dem Grundsatz durchdrungen, daß die Sache für welche „Wir“ eingetreten, die gerechtere, die einzig „historisch entwickelte“, die einzig für Erhaltung des „europäischen Gleichgewichts“ erforderliche war. Natürlich wurde in den Leitartikeln und den politischen Unterhaltungen in Kopenhagen das gegenteilige Prinzip mit gleichem Nachdruck verfochten. Warum nicht gegenseitig die Rechte abwägen, um sich zu verständigen, und wenn dies nicht gelingt, eine dritte Macht zum Schiedsrichter machen? Warum nur immer beiderseitig schreien. „Ich – ich bin im Rechte.“ So gar gegen die eigene Überzeugung schreien, so lange, bis man sich heiser geschrien, und losschlägt – die Entscheidung der Gewalt überlassend? Ist das nicht Wildheit? Und wenn nun eine dritte Macht sich in den Streit mischt, so thut auch sie es nicht mit Rechtserwägung und Urteilsspruch, sondern gleichfalls mit Dreinschlagen? … Und das nennen die Leute „äußere

Empfohlene Zitierweise:
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. Dresden/Leipzig: E. Pierson’s Verlag, 1899, Band 1, Seite 199. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_1).djvu/204&oldid=- (Version vom 31.7.2018)