auch unsere Stellung im deutschen Bunde so zu gestalten, daß wir für den Verlust der Lombardei reichen Ersatz finden und – wer weiß – so an Macht gewinnen, daß uns die Rückeroberung dieser Provinz ein leichtes wäre.“
Ich blickte zu Friedrich hinüber. Er hatte sich an dem Gespräche nicht beteiligt, sondern war in eine eifrige lachende Unterhaltung mit Lilli verwickelt. Ein stechender Schmerz schnitt mir durch die Seele: ein Schmerz, der in ein Bündel zwanzig verschiedene Vorstellungen vereinte: Krieg … und er, mein alles, mußte mit … verkrüppelt, erschossen … das Kind unter meinem Herzen, dessen angekündigtes Kommen er gestern mit solchem Jubel begrüßt – es sollte vaterlos zur Erde kommen? … Zerstört, zerstört – unser kaum erblühtes, noch so reiche Frucht verheißendes Glück! … Diese Gefahr in der einen Wagschale, und in der anderen? Österreichisches Ansehen im deutschen Bund, schleswig-holsteinische Befreiung – „frische Lorbeerblätter im Ruhmeskranze des Heeres“ – das heißt ein paar Phrasen für Schulvorträge und Armeeproklamationen … und sogar das nur zweifelhaft, denn ebenso möglich wie der Sieg, ist ja die Niederlage … Und nicht nur einem vereinzelten Leid, dem meinen, wird das vermeintliche vaterländische Wohl entgegengestellt, sondern tausend und abertausend einzelne im eigenen und im Feindeslande müßten denselben Schmerz einsetzen, der mich jetzt durchbebte … Ach, war denn dem nicht vorzubeugen – war’s nicht abzuwehren? Wenn sich alle vereinten – alle Vernünftigen,
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. Dresden/Leipzig: E. Pierson’s Verlag, 1899, Band 1, Seite 182. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_1).djvu/187&oldid=- (Version vom 31.7.2018)