Seite:Bertha von Suttner – Die Waffen nieder! (Band 1).djvu/160

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

welche jener als Mensch und Denker hegte. Aber während ich dem eben gehörten Ausfall gegenüber so stumm dastand, daß mein Vater wohl glauben mochte, er habe mich beschämt und meine Absichten im Keime erstickt, fühlte ich mich doppelt sehnsüchtig zu dem verkannten Manne hingezogen und in dem Entschluß bestärkt, die Seine zu werden. Ich war ja zum Glück frei. Des Vaters Mißbilligung konnte mich allerdings betrüben, allein mich von dem Zuge meines Herzens zurückhalten, das konnte sie nicht. Und auch zu großer Betrübnis war kein Raum in meiner Seele. Das wunderbare, das mächtige Glück, welches in der letzten Viertelstunde sich mir eröffnet hatte, war zu lebhaft, um daneben den Verdruß aufkommen zu lassen.


* * *


Am folgenden Morgen erwachte ich mit einem Gefühle, das dem glich, womit ich jedesmal als Kind am Weihnachtstage und einmal als Braut an meinem Vermählungsmorgen erwachte: dieselbe unaussprechliche Erwartung, dasselbe erregte Bewußtsein, daß heute Frohes, Großes bevorstünde. Einige Mißstimmung brachte mir zwar die Erinnerung an die Worte, welche Tags vorher mein Vater gesprochen – aber diesen Gedanken hatte ich schnell wieder verscheucht.

Es war noch nicht neun Uhr, als ich am Eingang der Praterallee den Wagen verließ und mein mit dem Reitknecht vorausgeschicktes Pferd bestieg. Das Wetter war frühlingsduftend und mild – zwar sonnenlos,

Empfohlene Zitierweise:
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. Dresden/Leipzig: E. Pierson’s Verlag, 1899, Band 1, Seite 155. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_1).djvu/160&oldid=- (Version vom 31.7.2018)