müssen meine Wünsche allerdings nur nach möglichst langer Erhaltung des Friedens gerichtet sein; denn dieser allein ist geeignet, die in meinem Ressort liegenden Interessen zu fördern; doch hindert dies mich nicht, die berechtigten Wünsche derer anzuerkennen, welche vom militärischen Standpunkt allerdings –“
„Gestatten Sie mir, Excellenz,“ unterbrach Tilling, „für meine Person gegen die Zumutung mich zu verwahren, daß ich einen Krieg herbeiwünsche. Und auch gegen die Unterstellung zu protestieren, als dürfe der militärische Standpunkt ein anderer sein, als der menschliche. Wir sind da, um, wenn der Feind das Land bedroht, dasselbe zu schützen, geradeso wie die Feuerwehr da ist, um, wenn ein Brand ausbricht, denselben zu löschen. Damit ist weder der Soldat berechtigt, einen Krieg, noch der Feuerwehrmann, einen Brand herbeizuwünschen. Beides bedeutet Unglück, schweres Unglück, und als Mensch darf keiner am Unglück seiner Mitmenschen sich erfreuen.“
„Du guter, teurer Mann!“ redete ich im Stillen den Sprecher an. Dieser fuhr fort:
„Ich weiß wohl, daß die Gelegenheit zu persönlicher Auszeichnung dem einen nur bei Feuersbrünsten, dem anderen nur bei Feldzügen geboten wird; aber wie kleinherzig und enggeistig muß ein Mensch nicht sein, damit sein selbstisches Interesse ihm so riesig erscheine, daß es ihm den Ausblick auf das allgemeine Weh verrammelt. Oder wie hart und grausam, wenn er es dennoch sieht und nicht als solches mitempfindet. Der Friede ist die höchste Wohlthat – oder vielmehr
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. Dresden/Leipzig: E. Pierson’s Verlag, 1899, Band 1, Seite 142. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_1).djvu/147&oldid=- (Version vom 31.7.2018)