Dir gehabt. Außer der Sorge, die mir Deine Kinderkrankheiten bereitet, und dem Bangen, während Du im Kriege warst, hast Du nur glückliche Gefühle verursacht und hast mir Alles tragen helfen, was das Schicksal mir Trübes auferlegt. Ich segne Dich dafür, mein Kind.“
Jetzt kam wieder ein Anfall ihrer Schmerzen über sie. Wie sie jammerte und stöhnte, wie ihre Züge sich verzerrten – es war herzzerreißend. Ja, es ist ein fürchterlicher, grimmer Feind, der Tod … und der Anblick dieser Agonie rief mir alle Agonien ins Gedächtnis, welche ich auf den Schlachtfeldern und in den Lazaretten gesehen … Wenn ich denke, daß wir Menschen bisweilen willkürlich, frohgemut einander dem Tod entgegenhetzen, daß wir der vollkräftigen Jugend zumuten, diesem Feind sich willig zu ergeben, gegen den das müde und gebrechliche Alter sogar noch verzweifelt ringt, es ist – niederträchtig!
Diese Nacht ist schaurig lang … Wenn die arme Kranke nur schlief – aber sie liegt mit offnen Augen da. Ich verbringe immer halbe Stunden lang regungslos an ihrem Lager, dann schleiche ich mich zu diesem Briefbogen, um ein paar Worte zu schreiben – dann wieder zurück zu ihr. So ist es schon vier Uhr geworden. Ich habe eben die vier Schläge von allen Glockentürmen hallen gehört – es mutet einem so kalt, so teilnahmslos an, daß die Zeit stetig unbeirrt durch alle Ewigkeit fortschreitet, während eben für ein heißgeliebtes Wesen die Zeit aufhören soll – für alle Ewigkeit. Aber je kälter, je teilnahmsloser das All
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. Dresden/Leipzig: E. Pierson’s Verlag, 1899, Band 1, Seite 122. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_1).djvu/127&oldid=- (Version vom 31.7.2018)