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Es verstrichen mehrere Tage, ohne daß ich Tilling wiedersah. Jeden Abend ging ich ins Theater und von da in eine Soirée, in der hoffenden Erwartung ihm zu begegnen, aber vergebens.

Mein Empfangstag brachte mir viele Besuche, aber natürlich nicht den seinen. Den hatte ich auch nicht erwartet. Es sah ihm nicht ähnlich, nach seinem bestimmten „Gräfin, das dürfen Sie mir nicht zumuten“ und seinem am Wagenschlag gesagten „Ich verstehe – also gar nicht“ sich dennoch an einem solchen Tage bei mir einzufinden. Ich hatte ihn an jenem Abend gekränkt, das war gewiß; und er vermied es, mit mir zusammenzukommen, das war offenbar. Allein, was konnte ich thun? Ich brannte danach, ihn wieder zu sehen, meine damalige Unfreundlichkeit wieder gut zu machen und eine neue solche Plauderstunde zu erleben, wie jene in meines Vaters Haus; eine Plauderstunde, deren Reiz mir jetzt noch hundertfach erhöht worden wäre, durch das mir nunmehr klar gewordene Bewußtsein meiner Liebe.

In Ermangelung Tillings brachte mir der nächstfolgende Samstag doch wenigstens Tillings Cousine – dieselbe, auf deren Ball ich ihn kennen gelernt. Als sie eintrat, fing mir das Herz zu pochen an; jetzt konnte ich doch wenigstens etwas von demjenigen erfahren, der meine Gedanken so beschäftigte. Ich brachte es jedoch nicht über mich, eine diesbezügliche Frage zu stellen; ich fühlte, daß ich nicht im stande wäre, den gewissen Namen auszusprechen, ohne verräterisch zu erglühen, und so unterhielt ich meine Besucherin von

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Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. Dresden/Leipzig: E. Pierson’s Verlag, 1899, Band 1, Seite 119. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_1).djvu/124&oldid=- (Version vom 31.7.2018)