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Tage ein glänzendes Fest mitzumachen – und dabei sich selber als den Mittelpunkt allgemeiner Aufmerksamkeit zu fühlen.

Wir drei Schwestern hatten den Spitznamen „die Göttinnen vom Berge Ida“ bekommen und die Erisäpfel lassen sich nicht zählen, welche die verschiedenen jungen Parisse unter uns verteilten; ich natürlich – in meiner oben erwähnten Theaterzettelwürde „reiche, junge Witwe“ war gewöhnlich die Bevorzugte. Es galt übrigens in meiner Familie – und auch ein klein wenig in meinem eigenen Bewußtsein – als ausgemachte Sache, daß ich mich wieder vermählen würde. Tante Marie pflegte in ihren Homilien nicht mehr auf den Verklärten anzuspielen, der „dort oben meiner harrte“, denn wenn ich in den kurzen Erdenjahren, die mich vom Grabe trennten, mir einen zweiten Gatten angeeignet – eine von Tante Marie selber gewünschte Eventualität – so war dadurch die Gemütlichkeit des himmlischen Wiedersehens mit dem ersten stark beeinträchtigt.

Alle um mich herum schienen Arnos Existenz vergessen zu haben – nur ich nicht. Obwohl die Zeit meinen Schmerz um ihn geheilt hatte – sein Bild hatte sie nicht verlöscht. Man kann aufhören um seine Toten zu trauern – die Trauer hängt auch nicht vom Willen ab – aber vergessen soll man sie nicht. Ich betrachtete dieses von meiner Umgebung geübte Todschweigen eines Verstorbenen als eine zweite nachträgliche Tödtung und vermied es, den Armen auch noch totzudenken. Ich hatte es mir zur Aufgabe gemacht,

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Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. Dresden/Leipzig: E. Pierson’s Verlag, 1899, Band 1, Seite 74. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_1).djvu/079&oldid=- (Version vom 31.7.2018)