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ich war geblendet, war überwältigt; ich sah, daß es jenseits meines engen Heimatthales eine weite, weite Welt gab, von der ich bisher niemals Kunde erhalten. Erst, als ich das Buch nach fünfzehn oder zwanzig Jahren wieder las, und nachdem ich andere im selben Geist verfaßte Werke studiert hatte, konnte ich mir vielleicht anmaßen, zu sagen, daß ich es verstehe. Doch eins wurde mir auch schon damals klar: die Geschichte der Menschheit wird nicht – wie dies die alte Auffassung war – durch die Könige und Staatsmänner, durch die Kriege und Traktate bestimmt, welche der Ehrgeiz der einen und die Schlauheit der anderen ins Leben rufen, sondern durch die allmähliche Entwicklung der Intelligenz. Die Hof- und Schlachtenchroniken, welche in den Historienbüchern an einander gereiht sind, stellen einzelne Erscheinungen der jeweiligen Kulturzustände vor, nicht aber deren bewegende Ursachen. Von der althergebrachten Bewunderung, mit welcher andere Geschichtsschreiber die Lebensläufe gewaltiger Eroberer und Länderverwüster zu erzählen pflegen, konnte ich im Buckle gar nichts finden. Im Gegenteil, er führt den Nachweis, daß das Ansehen des Kriegerstandes im umgekehrten Verhältnis zu der Kulturhöhe eines Volkes steht: – je tiefer in der barbarischen Vergangenheit zurück, desto häufiger die gegenseitige Bekriegung und desto enger die Grenzen des Friedens: Provinz gegen Provinz, Stadt gegen Stadt, Familie gegen Familie. Er betont, daß im Fortschritt der Gesellschaft, mehr noch als der Krieg selber, die Liebe zum Kriege im Schwinden begriffen

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Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. Dresden/Leipzig: E. Pierson’s Verlag, 1899, Band 1, Seite 71. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_1).djvu/076&oldid=- (Version vom 31.7.2018)