diktieren, dann kommst Du mir nachgereist. Tante Marie wird indessen so gut sein, über unsern kleinen Korporal zu wachen.“
Wenn der Empfang solcher Briefe die Sonnenblicke meines Daseins abgab – die schwärzesten Schatten desselben waren meine Nächte. Wenn ich da aus selig vergessendem Traum erwachte und mir die entsetzliche Wirklichkeit mit ihrer entsetzlichen Möglichkeit vor das Bewußtsein trat, so erfaßte mich schier unerträgliches Leid und ich konnte stundenlang nicht wieder einschlafen. Die Idee war nicht loszuwerden, daß Arno in diesem Augenblick vielleicht stöhnend und sterbend in einem Graben lag – nach einem Tropfen Wasser lechzend – sehnsüchtig nach mir rufend … Nur damit konnte ich mich allmählich beruhigen, daß ich mir mit aller Gewalt die Szene seiner Rückkunft vor die Einbildung rief. Die war ja ebenso wahrscheinlich – sogar viel wahrscheinlicher, als das verlassene Sterben – und da malte ich mir denn aus, wie er ins Zimmer hereinstürmte und ich an sein Herz flöge – wie ich ihn dann zu Rurus Wiege führte und wie glücklich und froh wir dann wieder sein könnten ….
Mein Vater war sehr niedergeschlagen. Es kam eine schlimme Nachricht nach der anderen. Zuerst Montebello, dann Magenta. Nicht er allein – ganz Wien war niedergeschlagen. Man hatte zu Anfang so zuversichtlich gehofft, daß ununterbrochene Siegesbotschaften Anlaß zu Häuserbeflaggung und Te deum Absingen geben würden; statt dessen wehten die Fahnen
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. Dresden/Leipzig: E. Pierson’s Verlag, 1899, Band 1, Seite 43. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_1).djvu/048&oldid=- (Version vom 31.7.2018)