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der Feind geschlagen würde und die Vorteile, welche „uns“ daraus erwachsen mußten. Der menschliche Standpunkt – nämlich daß, ob verloren oder gewonnen, jede Schlacht unzählige Blut- und Thränenopfer fordert, – kam gar nicht in Betracht. Die hier in Frage stehenden Interessen wurden als so sehr über alle Einzelschicksale erhaben dargestellt, daß ich mich der Kleinlichkeit meiner Auffassung schämte, wenn mir bisweilen der Gedanke aufstieg: „Ach, was frommt den armen Toten, was den armen Verkrüppelten, was den armen Wittwen der Sieg?“ Doch bald stellten sich als Antwort auf diese verzagten Fragen wieder die alten Schulbuchdithyramben ein: Ersatz für alles bietet der Ruhm. Doch wie, wenn der Feind siegte? Diese Frage ließ ich einmal im Kreise meiner militärischen Freunde laut werden – wurde aber schmählich niedergezischt. Das bloße Erwähnen von der Möglichkeit eines Schattens eines Zweifels ist schon antipatriotisch. Im voraus seiner Unüberwindlichkeit sicher sein, gehört mit zu den Soldatenpflichten. Also gewissermaßen auch zu den Pflichten einer loyalen Lieutenantsfrau.


* * *


Das Regiment meines Mannes lag in Wien. Von unserer Wohnung hatte man die Aussicht auf den Prater, und wenn man da ans Fenster trat, wehte es sommerlich verheißend herein. Es war ein wundervoller Frühling. Die Luft war lau und veilchenduftend, und zeitiger als in anderen Jahren sproßte

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Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. Dresden/Leipzig: E. Pierson’s Verlag, 1899, Band 1, Seite 21. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_1).djvu/026&oldid=- (Version vom 31.7.2018)