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Naturgeschichte und Physik machte ich mir so viel zu eigen, als mir in dem Programm einer Mädchenerziehung überhaupt zugänglich war; aber von dem Gegenstand „Geschichte“ lernte ich noch mehr als von mir gefordert wurde. Aus der Bibliothek meines Vaters holte ich mir dickbändige Historienwerke hervor, in welchen ich in meinen Mußestunden studierte. Ich glaubte mich jedesmal um ein Stück gescheiter geworden, wenn ich ein Ereignis, einen Namen, ein Datum aus vergangenen Zeiten meinem Gedächtnis neu einverleibt hatte. Gegen Klavierspielerei – welche doch auch im Erziehungsplan aufgezeichnet stand – habe ich mich standhaft zur Wehr gesetzt. Ich besaß weder Talent noch Lust zur Musik und fühlte, daß mir darin keine Ehrgeizbefriedigung winkte. Ich bat so lange und inständig, mir die kostbare Zeit, die ich an meine anderen Studien wenden wollte, nicht für das aussichtslose Geklimper zu kürzen, daß mich mein guter Vater von der musikalischen Frohnarbeit freisprach. Zum großen Leidwesen der Tante, welche meinte, ohne Klavierspiel gäbe es keine eigentliche Bildung mehr.

Am 10. März 1857 feierte ich meinen siebzehnten Geburtstag. „Schon siebzehn“ lautet unter jenem Datum die Eintragung ins Tagebuch. Dieses „schon“ ist ein Poem. Es steht kein Kommentar daneben, aber vermutlich wollte ich damit sagen: „und noch nichts für die Unsterblichkeit gethan“. Diese roten Hefte leisten mir heute, da ich meine Lebenserinnerungen aufzeichnen will, gar gute Dienste. Sie ermöglichen

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Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. Dresden/Leipzig: E. Pierson’s Verlag, 1899, Band 1, Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_1).djvu/014&oldid=- (Version vom 31.7.2018)